Das Coronavirus SARS-CoV-2 stellt unsere Geduld nun schon seit langer Zeit auf den Prüfstand. Seit November letzten Jahres besteht der Alltag vieler Menschen in Deutschland aus Social-Distancing, Home-Office und harten Kontaktbeschränkungen. Dies könnte sich innerhalb der kommenden Wochen allerdings ändern – wenn wir diesmal die Chance ergreifen und noch ein bisschen länger durchhalten.
Obwohl die Ziele, die sich die Politik zu Beginn des „Lockdown Light“ gesetzt hatte, nicht ansatzweise erreicht wurden, stehen Debatten zu Lockerungen im Raum. Von den anfangs festgesetzten Grenzwerten für Corona-Neuansteckungen ist man weit entfernt und trotzdem gehen in einigen Landkreisen Schüler wieder zur Schule. Auch der Einzelhandel soll bald wieder öffnen. Hier stellt sich nun die Frage: Solidarität beweisen und auf Lockerungen für das ganze Land verzichten oder den Föderalismus seines Amtes walten lassen? In der Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März hat sich die Regierung für Letzteres entschieden, nicht aber ohne gewisse Rahmenbedingungen.
Kaum Veränderungen
Es hat sich zu wenig verändert seit letztem November, seit dem Beginn des zweiten Lockdowns. Die Zahl der Neuinfektionen stieg zuletzt wieder an und befindet sich in einem Bereich, der Lockerungen nicht rechtfertigen könnte. Eigentlich müsste das Anzeichen genug für eine Verlängerung der Maßnahmen sein, aber immer mehr Menschen wollen endlich in ihr normales Leben zurückkehren können. Hinzu kommt die Mutation B.1.1.7 des Virus, die sich auch hierzulande zunehmend verbreitet und bisherige Coronaviren auch noch „ablösen“ könnte. Laut Forschenden könnte die Mutation Grund für eine schnellere Ausbreitung des Virus sein und eine dritte Welle verursachen. Dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge wird der Anteil der Mutation größer, momentan macht er etwa ein Drittel der gemeldeten Fälle aus.
Noch keine Entwarnung für Krankenhäuser
Die Intensivstationen sind momentan nicht voll ausgelastet, was sich jedoch schnell ändern könnte, sobald Lockerungen umgesetzt wurden. Während der Pandemie kam es zum ersten Mal vor, dass die Belegung der Intensivbetten bei knapp 6.000 Personen täglich lag. Der Wert vom Januar 2021 zeigt hier – trotz härteren Maßnahmen – ein Ausbleiben des erhofften Erfolges durch den zweiten Lockdown. Mediziner hoffen auf einen beschleunigten Impfprozess, da dieser der kritischen Lage auf den Intensivstationen ein Ende setzen könnte. Je mehr Menschen geimpft werden, desto weniger müssten mit einem schweren Verlauf der Erkrankung ins Krankenhaus. Noch ist dies aber nicht der Fall: Die deutsche Impfkampagne hinkt hinterher, während die zweite Infektionswelle nicht so schnell abnimmt wie erhofft.
Potenzial der Selbsttests ausschöpfen
Forschende plädieren für die schnellstmögliche Zulassung von Selbsttests, sodass wenigstens zu einem gewissen Grad Sicherheit entsteht und Lockerungen zugelassen werden können. Die Selbsttests sollen einen Ausgleich darstellen, sobald die bis Ende März geplanten Maßnahmen des Lockdowns gelockert werden. An erster Stelle stehen die Schulöffnungen, wobei immer noch die Frage im Raum steht, inwiefern Schulen die Entwicklung der Fallzahlen beeinflussen. Bildungseinrichtungen sind hier aber kein Ausnahmefall: Auch bei anderen öffentlichen Einrichtungen sind Experten sich uneinig darüber, welche Rolle diese bei der Entwicklung der Situation spielen. Eins ist jedoch klar: Die Möglichkeit der Selbsttestung würde eine frühzeitige Erkennung von Infektionen ermöglichen und die Ansteckungsgefahr reduzieren.
Regionale Unterschiede
Nach wie vor weisen Inzidenzzahlen starke regionale Schwankungen auf. Laut Experten können in Landkreisen mit niedrigen Inzidenzzahlen erste Lockerungen angesetzt werden. Physiker Dirk Brockmann erklärte gegenüber der Zeit Online: „Man kann einen Landkreis, in dem die Inzidenz unter zehn liegt, nicht vergleichen mit einem, wo sie bei 200 liegt.“ Dennoch wird davor gewarnt, die Situation zu unterschätzen. Es sollte dafür gesorgt werden, dass die Infektionszahlen in den betroffenen Kreisen niedrig bleiben.
Lichtblick: Zeitnahe Teillockerungen geplant
Trotz der vielsagenden Argumente gegen Lockerungen hat die Bundesregierung in der Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März beschlossen, Teillockerungen einzuleiten. Mit Hilfe eines Stufenplans, abhängig von regionalen Inzidenzzahlen, eröffnen sich nun neue Perspektiven für das soziale Geschehen in Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer neuen Phase der Pandemie, „in die wir nicht mit Sorglosigkeit, aber doch mit berechtigten Hoffnungen hineingehen können“. Der Fokus wird darauf liegen, die nächsten Schritte vorsichtig zu gehen, damit nicht bald der nächste Lockdown notwendig wird.
Was meinen Sie?