Zunächst als „Hebammen-Voodoo“ abgestempelt, jetzt nachweisliches Mittel zur Schmerzlinderung: Sterile Wasserinjektionen gegen Rückenschmerzen bei Frauen während der Entbindung waren lange Zeit umstritten. Nun konnte ein australisches Forschungsteam im Rahmen einer Langzeitstudie aber bestätigen, dass diese Injektionen tatsächlich effektiv zur Schmerzlinderung beitragen.
Von Hebammen bereits angewendet
Seit einiger Zeit setzen Hebammen nun schon Wasserinjektionen gegen Rückenschmerzen während der Geburt ein. Da man die Wirksamkeit dieser Methode bisher noch nicht nachgewiesen hatte, sträubten sich Krankenhäuser davor, sie ebenfalls anzuwenden. Denn sie sahen das Verfahren als „Hebammen-Voodoo“ an, so Dr. Nigel Lee von der School of Nursing, Midwifery and Social Work an der australischen University of Queensland (UQ) in einer aktuellen Mitteilung. Aber: „Diese Studie liefert eindeutige Beweise dafür, dass Wasserinjektionen für die Mehrheit der Frauen mit Rückenschmerzen eine wirksame Schmerzlinderung bieten.“ Die Ergebnisse der vorliegenden Studie publizierten die Forschenden im englischsprachigen Fachblatt „The Lancet“. Es handelt sich dabei um eine Kooperation der beiden australischen Universitäten University of Queensland und der Charles Darwin University sowie der University of Skövde (Schweden) und dem NHS Foundation Trust der Oxford University Hospitals (Großbritannien).
Studiendetails
Im Rahmen der Studie sammelte man zwischen 2012 und 2017 in einer britischen und 15 australischen Entbindungsstationen die gewünschten Daten. Hierfür injizierten Ärztinnen und Ärzte über tausend Frauen vor der Entbindung entweder steriles Wasser oder ein Placebo mit Kochsalzlösung. Alle litten unter starken Rückenschmerzen. Letztere sind Dr. Lee zufolge nicht mit normalen Wehenschmerzen gleichzusetzen. Denn Rückenschmerzen treten unvorhersehbar auf und halten auch zwischen den einzelnen Wehen an. Verglichen mit der Placeboinjektion berichteten anschließend doppelt so viele der Frauen, die die Wasserinjektionen erhielten, eine wesentliche Schmerzlinderung. Denn über 90 Minuten oder länger konnte diese Methode das Ausmaß der Schmerzen um mindestens die Hälfte verringern.
Wasserinjektionen statt Schmerzmittel?
„Die Auswirkungen der Ergebnisse unserer Studie sind enorm“, resümiert der Forscher. Da Schmerzmittel gegen Wehen meist keinen Effekt auf Rückenschmerzen zeigen, könnten die vorliegenden Beobachtungen künftig eine entscheidende Rolle für Frauen während der Entbindung spielen. „Wasserinjektionen haben sich als einfach, effektiv und sicher erwiesen und haben keinen Einfluss auf die Geburtsergebnisse“, erläutert Dr. Lee. Außerdem kann diese einfache und sichere Methode Frauen auf der ganzen Welt zugutekommen. Laut Prof. Sue Kildea von der Charles Darwin University sind Wasserinjektionen „nicht nur für Frauen von Vorteil, die schmerzlindernde Medikamente während den Wehen vermeiden möchten, sondern auch dort, wo Frauen während der Geburt kaum oder gar keinen Zugang zur Schmerzlinderung haben, zum Beispiel bei der Geburt zu Hause und in Ländern mit sich entwickelnden Gesundheitssystemen.“
Wer hält mehr Schmerz aus – Frauen oder Männer?
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