Das Risiko eine Herzerkrankung zu entwickeln erhöht sich mit zunehmendem Alter – vor allem Personen über 60 Jahre gelten als gefährdet. In manchen Fällen tritt eine Herzkrankheit jedoch bereits in jungem Alter auf. Ein deutsches Forschungsteam entdeckte nun einen bislang unbekannten Alterungsprozess im Herzen, der die vorzeitige Krankheitsentwicklung erklären könnte.
Bedeutender Regenerationsmechanismus
Schätzungen zufolge wird die DNA in jeder unserer Zellen täglich bis zu einer Million Mal beschädigt. In einem gesunden Organismus werden derartige Schäden von diversen Mechanismen rechtzeitig erkannt und repariert. Ein ungesunder Lebensstil, bestimmte Umwelteinflüsse wie Luftverschmutzung oder Lärmbelästigung sowie Alterungsprozesse beeinträchtigen jedoch diesen bedeutenden Regenerationsmechanismus. Werden DNA-Schäden in weiter Folge nicht behoben, entstehen Mutationen, welche wiederum verschiedene Krankheiten auslösen können.
Genveränderungen näher untersucht
Diese Genmutationen bilden den Forschungsschwerpunkt einer Studie am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) in Würzburg. Die Mediziner analysierten insbesondere Genveränderungen im Kernmembranprotein LEMD2. Zuvor durchgeführte Untersuchungen deuteten darauf hin, dass Mutationen in diesem Protein mit vorzeitigen Alterungsprozessen einhergehen, welche der Herzgesundheit bereits in jungen Jahren schaden. Um die komplexen Mechanismen hinter diesem Prozess besser zu verstehen, wurde die LEMD2-Mutation sowohl im Maus- als auch im Zellkulturmodell näher erforscht. Schon nach wenigen Wochen konnten die Mediziner zelluläre und molekulare Abweichungen in den Herzen der Versuchstiere feststellen. Nach neun Monaten stimmte das Genmaterial der Mäuse in vielerlei Hinsicht mit jenem junger Menschen überein, welche LEMD2-Mutationen aufwiesen.
Mutationen beschleunigen Herzalterung
Die Forscher fanden heraus, dass die Genveränderungen erhebliche Schäden im Kernhüllenprotein hervorrufen: „Wir haben in elektronenmikroskopischen Aufnahmen des Zellkerns gesehen, dass die Mutation zu Einstülpungen der eigentlich rundlichen Zellkernmembran führt, was wiederum die Funktionen des Zellkerns stört“, erläutert Studienleiterin Ruping Chen. Der natürliche Regenerationsprozess sei dadurch stark beeinträchtigt, sodass Zellschäden nicht mehr rechtzeitig behoben werden können. Auch der Alterungsprozess in den Herzmuskelzellen wird durch die Mutation erheblich beschleunigt. In weiterer Folge kann dies schwerwiegende Entzündungen und Gewebeverhärtungen verursachen, welche das Risiko für Herzinsuffizienz sowie Herzrhythmusstörungen erhöhen.
Tiefergehende Untersuchungen in Aussicht
„Letztlich erweitert unsere Arbeit zum LEMD2 mechanistische Erkenntnisse, die auch bei anderen Kardiomyopathien, aber auch im natürlichen Alterungsprozess eine Rolle spielen könnten“, konkludiert Dr. Brenda Gerull, Leiterin der Abteilung für Kardiovaskuläre Genetik am DZHI. Im Rahmen zukünftiger Untersuchungen möchte das Team verschiedene therapeutische Interventionsmöglichkeiten testen. Hierbei soll unter anderem ein humanes Modell auf Stammzellenbasis zum Einsatz kommen. Darüber hinaus planen die Mediziner, die Aktivierung der Bindegewebszellen näher zu untersuchen, da diese eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Krankheitsverlaufs einnehmen. Das Forschungsteam hofft, dass durch die gewonnenen Erkenntnisse zukünftig bessere Diagnose- und Therapiekonzepte für junge Herzpatienten geschaffen werden.
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