Krebs hat viele negative Auswirkungen auf Körper und Psyche – eine davon ist Kachexie. Sie führt dazu, dass KrebspatientInnen innerhalb kurzer Zeit an Appetit und Gewicht verlieren. Der Grund dafür war WissenschaftlerInnen bisher ein Mysterium, nun sind Forschende der Lösung einen Schritt nähergekommen.
Was ist Kachexie?
Kachexie – auch Auszehrung genannt – tritt vor allem bei Menschen mit Krebs in den späteren Phasen des Krankheitsverlaufs auf. Dabei verlieren die Betroffenen plötzlich und in kurzer Zeit ihren Appetit und sehr viel Gewicht. Da sie dabei auch Muskelmasse verlieren, wirken sie meist ausgezehrt. Kachexie tritt aber nicht nur bei KrebspatientInnen auf, auch HIV und Herz-Erkrankungen können sie hervorrufen. Es gibt auch genetische Krankheiten, wie beispielsweise das sogenannte Cockayne Syndrom, das ähnliche Auswirkungen auf Kinder haben kann. Es führt bei ihnen zu starker Unterernährung, die gerade in der Kindheit nochmals gefährlicher ist. Onkologe Charlie Swanton erklärt: “Im Fall von PatientInnen mit Krebs können die Individuen nach nur wenigen Monaten bereits an den Rollstuhl gefesselt sein.“ Obwohl Forschende ihr Bestes taten, um der Ursache von Kachexie auf den Grund zu gehen, blieb die Krankheit bislang ein Mysterium. Nun könnten Erkenntnisse großbritannischer WissenschaftlerInnen ein Schritt in die richtige Richtung sein.
Formaldehyd als Schuldiger
Ein Team von Forschenden unter der Leitung von Ketan Patel vom Institut für molekulare Medizin in Oxford hat Kachexie kürzlich mit DNA-Schäden in Verbindung gebracht. Diese Schäden stören chemische Signale an das Gehirn, das in Folge appetitzügelnde Hormone ausschüttet. Das Resultat: ungewollter Gewichtsverlust. Die Forschenden fanden heraus, dass es oft zu diesem Prozess kommt, wenn sich zu viel des natürlich vorkommenden Formaldehyds in der Blutbahn ansammelt. Wenn es dann von den Nieren gefiltert wird, erleiden die Zellen DNA-Schäden. Das wiederum hat zur Folge, dass die Nieren ein Hormon produzieren, dass das Gehirn auffordert, den Appetit zu zügeln. Die Chemotherapie könnte außerdem eine ähnliche Wirkung haben. Patel meint: “Während einer Chemotherapie bekommt man eine chemische Substanz, die DNA auf eine ähnliche Art wie Formaldehyd angreift. Somit könnte auch sie die DNA schädigen und dem Gehirn signalisieren, den Appetit herunterzufahren.“
GDF15 – ein möglicher Schlüssel
Die gute Nachricht: Die Forschenden konnten das Chemikal, das die Nieren an das Gehirn senden, identifizieren: GDF15. Allein das könnte laut Patel der Schlüssel sein: “Möglicherweise können wir Gewichtsverlust bei KrebspatientInnen, die eine Chemotherapie machen, und Kindern mit Cockayne-Syndrom, stoppen, indem wir ihnen Antikörper gegen GDF15 geben. Wir könnten diese chemischen Nachrichten dann blockieren und den Verlauf der Kachexie abbremsen.“ Onkologe Charlie Swanton ist zwar ebenfalls hoffnungsvoll, warnt aber auch: „GDF15 ist ein bekannter Mechanismus, der zur Entwicklung von Kachexie führen kann, allerdings wird es nicht der einzige sein.“ Um Kachexie in den Griff zu bekommen brauche es nun weitere Untersuchungen, um andere Ursachen des Krankheitsbildes ausfindig zu machen.
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