Ob ein Schnitt mit dem Küchenmesser in den Finger oder eine Schürfwunde am Knie nach einem Sturz – wir fügen uns regelmäßig kleinere oder größere Verletzungen zu, bei denen die Blutgerinnung eine maßgebliche Rolle spielt. Ohne sie würden all diese Wunden bereits eine Lebensgefahr darstellen. Deutsche Forscher konnten nun einen wichtigen Kontrollmechanismus der Blutgerinnung aufdecken, der medizinische Behandlungsmethoden verbessern könnte.
Das Wunder der Wundschließung
Die Blutgerinnung ist ein lebensnotwendiger Vorgang unseres Körpers, der uns davor bewahrt, bereits bei minimalen Verletzungen zu verbluten. Sie läuft in mehreren Phasen ab: Kommt es zum Beispiel zu einem Einschnitt eines Blutgefäßes, lagern sich die Blutplättchen (Thrombozyten) an die Ränder der Wunde. Dank der Blutgerinnung werden dann Fasern aus Fibrin, einem „Klebstoff“ aus Eiweiß, gebildet, welche anschließend mit den Thrombozyten verklumpen. Die Öffnung wird somit vor Keimen von außen abgedichtet und die Blutung gestoppt.
Gefahr durch gestörte Blutgerinnung
Funktioniert die Blutgerinnung nicht wie erwünscht, spricht man von Blutgerinnungs- beziehungsweise Koagulationsstörungen. Der Körper kann hierbei die Bildung von Blutplättchen nicht kontrollieren. Eine zu geringe Blutgerinnung kann zu ungewöhnlichen, vermehrt auftretenden Blutungen führen, eine zu starke Blutgerinnung hingegen zur Bildung von Thrombosen, Gefäßverschlüssen und im schlimmsten Falle sogar zu Schlaganfällen oder Herzinfarkten. Bisher konnte der Vorgang der Fibrinbildung noch nicht ganz nachvollzogen werden, doch deutsche Wissenschaftler sind nun auf neue Erkenntnisse gestoßen.
Entscheidendes Protein entdeckt
Dem Forscherteam um Sarah Beck vom Universitätsklinikum Würzburg ist es nun gelungen, einen zuvor unentdeckten Mechanismus des blutstillenden Vorgangs zu ermitteln. Sie konnten ein Eiweiß namens Glykoprotein V (GPV), das sich auf der Oberfläche von Thrombozyten befindet, und dessen entscheidende Rolle für die Blutgerinnung ausfindig machen. Das Protein sorgt dafür, dass das Blut nicht zu stark verklumpt, indem es die Aktivität des Enzyms Thrombin steuert, welches für die Bildung langer Fibrinfasern verantwortlich ist. Das Eiweiß Fibrin dient nämlich als „Klebstoff“ während der Blutgerinnung. GPV verhindert, dass zu viele Fibrinfasern und in weiterer Folge eine überschießende Gerinnselbildung entsteht.
Fortschritte in der Medizin möglich?
Laut den Wissenschaftlern könnten ihre neuen Erkenntnisse in Zukunft dabei helfen, Blutgerinnungsstörungen effizienter zu behandeln. In der Forschung zu Medikamenten gegen Thrombose wird schon lange versucht, ein Gleichgewicht zwischen der Thrombosevorbeugung und der Blutstillung zu finden. Gerinnungshemmer, die momentan auf dem Markt sind, hindern zwar die Bildung von Blutgerinnseln, gleichzeitig stören sie aber auch die normale Blutgewinnungsfunktion, die für die Wundheilung essenziell ist. Dadurch haben Patienten, die derartige Pharmazeutika gegen Herzinfarkte oder Schlaganfälle einnehmen, ein höheres Risiko für innere und äußere Blutungen.
Mit seiner Fähigkeit, anstelle des kompletten Gerinnungsvorgangs nur die Bildung der Fibrinfasern zu hemmen, könnte das Glykoprotein V in Zukunft zur Optimierung von Medikamenten beitragen.
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