Ob in der Werbung, in Büchern, Filmen oder im Fernsehen – die Menschheit wird seit jeher von dem Wunsch begleitet ewig zu leben. Verschiedenste Produkte, die eine lebensverlängernde Wirkung haben sollen, ebenso wie Ratschläge für eine möglichst lange Gesundheit, sind allgegenwärtig und höchst gefragt. In der Forschung rückt seit den letzten Jahren vor allem ein Mittel immer mehr in den Fokus der Anti-Aging-Thematik: Rapamycin. Doch wie realistisch sind seine Effekte auf ein längeres und gesünderes Dasein?
Bakterium mit vielfältigen Wirkungen
Als Rapamycin wird ein Stoffwechselprodukt des Bakteriums Streptomyces hygroscopius bezeichnet, das erstmals in den späten 1960er Jahren aus dem Boden der Osterinsel Rapa Nui isoliert wurde. Es handelt sich dabei um einen Zellwachstumshemmer und ein Immunsuppressivum, das bedeutet, dass Funktionen des Immunsystems unterdrückt werden. Anfangs als Antibiotikum gegen Pilzinfektionen gedacht, konnten mit der Zeit potenziell lebensverlängernde Wirkungen der Substanz entdeckt werden. Vor allem in den letzten Jahren stieg das Interesse der Wissenschaft an Rapamycin als mögliches Anti-Aging-Mittel.
Verjüngender Effekt durch Zelltod?
Der eventuell verjüngende Effekt, der Rapamycin zugesprochen wird, ist vor allem auf seinen Einfluss auf die Autophagie (Zelltod) vieler Zelltypen und die Hemmung der mTOR-induzierten Zellproliferation (Zellwachstum) zurückzuführen. Das Enzym mTOR erfüllt viele wichtige Aufgaben im menschlichen Organismus: es dient unter anderem als zentraler Regulator des Wachstums und des Zellstoffwechsels und ist am Energiehaushalt und an der Sauerstoffkonzentration der Zellen beteiligt. Seine Fehlfunktion wird mit verschiedenen Erkrankungen wie Übergewicht, Diabetes, Alzheimer und Krebs in Verbindung gebracht. In Tierversuchen konnte sein defekter Mechanismus in Zusammenhang mit einer verkürzten Lebensspanne gesetzt werden. Deshalb wird Rapamycin mit seiner Fähigkeit, mTOR zu hemmen, als Chance zur Prävention und Behandlung der genannten medizinischen Konditionen angesehen.
Fruchtfliegen profitieren bereits davon
Verschiedenste Studien an Mäusen und Fruchtfliegen konnten bereits eine lebensverlängernde Wirkung und einen allgemein verbesserten Gesundheitszustand durch die Gabe von Rapamycin darlegen. Um seine maximale Wirksamkeit zu erreichen, wurde die Substanz allerdings lebenslang verabreicht. Sie geht zudem mit Nebenwirkungen einher. Forscher des Max-Planck-Instituts untersuchten daher, ob auch kürzere Behandlungsperioden zu den gewünschten Effekten führten könnten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Fruchtfliegen bereits bei einer niedrig-dosierten Rapamycin-Therapie von zwei Wochen vor altersassoziierten Darmveränderungen geschützt werden. Außerdem wurde auch ihre Lebenserwartung verlängert. Eine weitere Erkenntnis war, dass Rapamycin am effektivsten wirkt, wenn es bereits in jungen Jahren eingenommen wird – im mittleren Alter waren die Ergebnisse weniger stark ausgeprägt, im hohen Alter wurden keinerlei Effekte vermerkt.
Um Rapamycin als Anti-Aging-Medikament beim Menschen einsetzen zu können, Bedarf es an mehr Forschung, um herauszufinden wann und wie lange die Substanz verabreicht werden muss, um positive Auswirkungen auf die Gesundheit zu erzielen. Des Weiteren ist die Freigabe als Arzneimittel nur möglich, wenn keine Nebenwirkungen auftreten oder diese nur minimal ausfallen.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
In manchen Forschungsarbeiten konnte ein Unterschied in der Wirkung zwischen weiblichen und männlichen Fruchtfliegen vermerkt werden. Bei den weiblichen Tieren führte die Rapamycin-Therapie zu einer verlängerten Lebenserwartung und zu einer geringeren Wahrscheinlichkeit für altersassoziierte Erkrankungen. Die männlichen Insekten hingegen wiesen diesen Effekt nicht auf. Über die Ursachen ist man sich nicht ganz klar – allgemein herrscht aber auch in der Menschheit eine Kluft in der Lebenserwartung zwischen Frauen und Männern und auch die Auswirkungen von Medikamenten können sich je nach biologischem Geschlecht unterscheiden.
Bisher eingeschränkter Einsatz
Bis heute wird die Gabe von Rapamycin nur unter ärztlicher Aufsicht und bei bestimmten Konditionen erlaubt: Zum einen wird es als Medikament nach Transplantationen eingesetzt, um das Abstoßen körperfremder Organe zu verhindern. Zum anderen hilft es bei manchen Krebsarten das Wachstum bösartiger Zellen zu unterbinden. Wie sich das Mittel auf den Alterungsprozess auswirken könnte, ist nicht leicht zu erforschen – die Alterung des menschlichen Körpers ist ein komplexer Vorgang mit vielen Einflussfaktoren, der bis heute noch nicht genau nachvollzogen werden kann. Ob Rapamycin einen derartigen Erfolg auf die Verjüngung und Gesundheit haben kann, muss noch untersucht werden. Dennoch gilt es als das am vielversprechendste Anti-Aging-Mittel der heutigen Forschung.
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