Demenz gilt als eine der häufigsten neurodegenerativen Krankheiten in Deutschland. Betroffene leiden unter anderem an Gedächtnislücken, Stimmungsschwankungen sowie Sprachschwierigkeiten, die den Alltag oftmals erheblich beeinträchtigen. Durch eine frühzeitige Diagnose können allerdings viele belastende Symptome gelindert werden. Ein englisches Forschungsteam kreierte nun ein spezielles Gerät, das maßgeblich zur Früherkennung beitragen könnte.
Frühzeitige Diagnose dank Fastball
Im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelten Experten der University of Bristol in Kooperation mit Forschern der University of Bath einen besonderen Test, der Demenzerkrankungen viel früher identifizieren können soll als herkömmliche Diagnoseverfahren. Der innovative Test heißt Fastball – ein Begriff, der vor allem im Baseball gebräuchlich ist. Hierbei bezieht er sich auf einen Ball, der mit hoher Geschwindigkeit geworfen wird. Wie im Sport spielt auch bei der Demenz-Diagnose Geschwindigkeit eine essenzielle Rolle: Wird die Erkrankung zu spät erkannt, drohen irreparable Hirnschäden.
Aktivität von Nervenzellen erfasst
Um Krankheitsanzeichen bereits in frühen Stadien zu identifizieren, setzt das Forschungsteam auf ein Verfahren namens Elektroenzephalografie (EEG). Hierbei handelt es sich um eine effektive Methode, um die elektrische Aktivität von Nervenzellen im Gehirn aufzuzeichnen. Um die Gehirnaktivität zu messen, kommt ein tragbarer EEG-Apparat mit eingebauten Elektroden zum Einsatz – dieser wird wie ein Fahrradhelm aufgesetzt.
Erinnerungsvermögen durch Bildfolge getestet
Die Funktionsfähigkeit des Geräts wurde bereits an 60 Probanden getestet. Während die Versuchsteilnehmer den EEG-Apparat trugen, zeigten die Forscher ihnen verschiedene Bilder auf einem Bildschirm, an die sie sich erinnern sollten. Um das Erinnerungsvermögen der Probanden zu testen, präsentierten die Experten dieselben Bilder danach in erhöhter Frequenz erneut und kombinierten sie mit Darstellungen, die zuvor noch nicht eingeblendet wurden. Anhand der EEG-Ergebnisse analysierten die Fachleute abschließend die gemessenen Hirnströme. Auf diese Weise konnten die Mediziner Abweichungen identifizieren, die auf eine Demenzerkrankung hindeuten.
Diverse Verzerrungsfaktoren ausgeschlossen
Im Vergleich zu herkömmlichen Diagnoseverfahren geht der innovative Test mit mehreren Vorteilen einher: „Patienten müssen oftmals lange auf eine Diagnose warten, und einige unserer derzeitigen Tests können ungenau und manchmal belastend für sie sein“, erläutert Forschungsleiterin Dr. Liz Coulthard. „Ein schneller, einfach durchzuführender Gedächtnistest wie Fastball könnte den Weg zur Diagnose nachhaltig verändern“, betont die Expertin. Im Gegensatz zum derzeitigen Diagnoseprozess, der zumeist subjektive Fragen umfasst, müssen die Testpersonen im Zuge des neuen Verfahrens die Aufgabe nicht verstehen oder sich der Gedächtnisreaktion bewusst sein. Dadurch kann das Ergebnis nicht durch Faktoren wie Bildung, Sprachkenntnisse oder Nervosität verzerrt werden. Da es sich um einen tragbaren Apparat handelt, könnte die Anwendung in Zukunft auch zuhause erfolgen.
Weitere Untersuchungen in Aussicht
Bevor das Gerät weitläufig zum Einsatz kommt, bedarf es allerdings noch weiterer Untersuchungen: Im Rahmen eines fünfjährigen Forschungsprojektes planen die Mediziner, das Produkt an mehr als 1.000 Personen in einer Demenzklinik in Bristol zu testen. Den Forschern zufolge handelt es sich hierbei um die bisher größte Studie, bei der EEG-Techniken zur Diagnose von Demenz verwendet werden. Um das Gerät auf technischer Ebene weiterzuentwickeln, kooperiert das Forschungsteam mit dem Biotechnologieunternehmen Cumulus Neuroscience. Die Fachleute setzten sich zum Ziel, ihr Produkt im Zuge dessen noch effektiver und zuverlässiger zu gestalten.
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