Depressionen und Angststörungen sind häufig schwer zu behandeln. Eine aktuelle Studie präsentiert nun jedoch einen vielversprechenden Ansatz, um Beschwerden nachhaltig entgegenzuwirken: Eine Behandlung, die Gamma-Schwingungen im Gehirn stimuliert, soll Emotionen in bestimmten Gehirnarealen zukünftig so verändern, dass die Symptome effektiv gelindert werden.
Gehirnschwingungen aus dem Rhythmus
Im Zuge vorheriger Forschungsprojekte konnte bereits ergründet werden, wie Nervenzellen im Gehirn durch elektrische Signale Informationen und Emotionen mit anderen zerebralen Zellen austauschen. Forschern zufolge erfolgt die Kommunikation in Form spezieller elektrischer Schwingungen – sogenannter Gamma-Wellen. Um miteinander interagieren zu können, müssen unterschiedliche Gehirnareale diese Schwingungen – auch Oszillation genannt – synchronisieren. Bislang wurde vermutet, dass Abweichungen in den Gamma-Schwingungen ein Biomarker für Depressionen sein könnten. Fachleute konnten bereits herausfinden, dass sich diese Veränderungen überwiegend im Zentrum für Geruchswahrnehmung bemerkbar machen und auch den sogenannten Riechkolben betreffen. Neben der Wahrnehmung von Gerüchen und der Erzeugung von Gamma-Schwingungen spielt diese Gehirnregion ebenso eine bedeutende Rolle beim Empfinden von Emotionen.
Geruchszentrum als Schlüsselfaktor
Um die Korrelation zwischen abweichenden Gamma-Schwingungen und Depressionen sowie Angststörungen näher zu untersuchen, deaktivierte das ungarische Forschungsteam die Funktionen des Riechkolbens bei Mäusen mittels gentechnischer Eingriffe, was in weiterer Folge zu eingeschränkten Gamma-Schwingungen führte. Anschließend führte das Team an den Tieren verschiedene Experimente durch, um potenzielle Symptome für psychische Erkrankungen zu ermitteln. Konkret wurde untersucht, wie lange sich die Mäuse in einem offenen Raum aufhielten oder in Wasser schwammen, ob sie Zuckerwasser tranken oder sich weigerten ein Labyrinth zu betreten. Diese Tests dienten dazu festzustellen, in welchem Ausmaß die Tiere Stresssituationen vermieden und inwiefern sie Angst, Verzweiflung sowie Freude empfanden. Bei deaktiviertem Riechkolben wiesen sämtliche Mäuse bei allen Aktivitäten einen deutlichen Anstieg an depressionsähnlichem Verhalten auf.
Durch ein speziell entwickeltes Gerät waren die Forscher jedoch auch dazu in der Lage die Gamma-Schwingungen im Gehirn der Versuchstiere wieder zu stimulieren. Sobald die Mediziner die Oszillation bei den Mäusen auf das ursprüngliche Niveau zurücksetzten, reduzierten sich die Symptome um 40 Prozent.
Systematischer Zusammenhang nachgewiesen
Laut den Forschern habe die Studie gezeigt, dass ein systematischer Zusammenhang zwischen der Aktivität der Gamma-Wellen und dem depressiven Verhalten der Mäuse besteht. Darüber hinaus seien die Schwingungsabweichungen bei den Versuchstieren in vielerlei Hinsicht mit derartigen Anomalien beim Menschen vergleichbar und würden sich sogar im gleichen Gehirnareal manifestieren. Trotz der vielversprechenden Forschungsergebnisse konnten die Experten bislang noch nicht ergründen, wodurch sich die Oszillation im Gehirn verändert. Im Rahmen zukünftiger Studien möchten die Fachleute diese Forschungslücke jedoch schließen und überprüfen, ob die vorliegenden Erkenntnisse auch auf die Behandlung von Menschen zutreffen könnten. In diesem Fall wäre die Gamma-Wellen-Therapie eine vielversprechende Behandlungsmöglichkeit gegen Depressionen und Angststörungen, falls herkömmliche Medikamente keine Wirkung entfalten. Dieser Ansatz könnte sich in Zukunft als besonders relevant erweisen, da beide psychischen Erkrankungen seit Beginn der Corona-Pandemie vermehrt auftreten und nicht immer erfolgreich mit Arzneimitteln behandelt werden können.
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