Besonders seit dem temporären Impfstopp von Astrazeneca sind mögliche Nebenwirkungen und übermäßige Immunantworten zu einem vieldiskutierten Gesprächsthema geworden. Immer mehr Menschen bekommen einen Impftermin. Damit steigt nun nicht nur das Interesse an einer Immunisierung, sondern auch die Besorgnis unter Allergikern. Weil Corona-Vakzine in äußerst seltenen Fällen starke allergische Reaktionen hervorrufen können, erlebe man in Allergie-Ambulanzen immer häufiger zutiefst beunruhigte Patienten, so Allergologe Ludger Klimek. Doch wie hoch ist das Risiko wirklich?
Reaktion bei 0,00001 Prozent aller Impfungen
Auf dem Online-Informationsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wurde kürzlich berichtet, dass es seit den Impfstarts in den USA und im Vereinigten Königreich einige schwerwiegende Reaktionen gab, die medizinisch behandelt werden mussten. Exakte Daten zur Häufigkeit solcher Reaktionen seien jedoch bislang nicht vorhanden. Laut Klimek weisen die neuen mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna im Vergleich zu den Vektorimpfstoffen ein 2,5- bis 4 Mal höheres Risiko für starke Reaktionen auf. Trotzdem sei dies ein sehr seltenes Vorkommnis. „Auf 100.000 Impfungen ist es ein Fall.“, relativiert der Experte.
Heuschnupfen als Risikofaktor?
Allergische Reaktionen sind dabei nicht das alleinige Problem der Impfungen, sondern können stets auch in Zusammenhang mit Medikamenten auftreten. Die meisten Menschen wurden irgendwann zuvor schon einmal sensibilisiert, Allergien werden daher nicht von der Einnahme des Arzneimittels selbst ausgelöst. Reaktionen auf COVID-19-Impfungen seien fallweise deshalb so schwerwiegend, weil die gespritzte Dosis entsprechend höher ist. Von dieser Problematik sind Allergiker jedoch nicht gleichermaßen betroffen: „Wer einen Heuschnupfen hat, hat eigentlich kein höheres Nebenwirkungsrisiko als Menschen ohne Allergie.“, so Klimek.
Wann äußerste Vorsicht geboten ist
Das Risiko einer Reaktion ganz auszuschließen, ist beinahe unmöglich. Besonders Personen, die schon einmal auf ein Medikament, Abführmittel oder Röntgen-Kontrastmittel allergisch reagiert haben, könnten auch auf bestimmte Komponenten der COVID-19-Impfstoffe reagieren. Folgende Arzneimittelbestandteile wirken besonders häufig allergieauslösend:
- Polyethylen-Glykol (auch Macrogol genannt; in Abführmitteln enthalten)
- Polysorbat (ermöglicht Auflösen von fettlöslichen Wirkstoffen im Darm)
- Ethylenoxid (zur Herstellung von Ethylenglykol & Sterilisation von medizinischen Geräten)
Wurden schon einmal Überreaktionen auf die genannten Stoffe festgestellt, sollte man sich allenfalls mit einem Allergologen absprechen. In einem spezialisierten Allergiezentrum kann eine konkrete Empfehlung für bestimmte Impfstoffe abgegeben werden. Die BZgA kommuniziert jedoch ganz klar, dass von einer COVID-19-Impfung abgesehen werden sollte, wenn es bekannte Allergien gegen Bestandteile des Vakzins gibt.
Sicherheitsvorkehrungen mindern Restrisiko
Wichtig ist in jedem Fall den Anamnesebogen vor der Impfung korrekt und ausführlich auszufüllen, damit das Personal des Impfzentrums im Notfall entsprechend handeln kann. Nach der Spritze müssen Patienten aus Sicherheitsgründen ohnehin 15 weitere Minuten vor Ort bleiben. Sind bei einer vorherigen Impfung schon einmal Komplikationen aufgetreten, so sollte die Beobachtungszeit auf 30 Minuten ausgedehnt werden. Im schlimmsten Fall kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen: „Dieser ist durchaus lebensbedrohlich“, sagt Prof. Klimek. Auch weniger tragische Reaktionen können einer COVID-19-Impfung folgen, beispielsweise Hautausschlag, Juckreiz oder Halskratzen. Laut BZgA müssen alle mobilen und stationären Impf-Teams mit Notfallequipment ausgerüstet sein, um bei einer Anaphylaxie schnell Hilfe leisten zu können. Damit sollten auch die schlimmsten Bedenken aus dem Weg geräumt sein.
Was meinen Sie?