Immer wieder wurde diskutiert, ob Kinder mit einer Erdnussallergie langsam die Dosis der Hülsenfrüchte erhöhen sollen, um so die Erkrankung zu bekämpfen. Laut neuen Erkenntnissen kann dies die Allergie jedoch sogar noch verstärken – doch wie sollte eine Erdnussallergie dann am besten behandelt werden?
Orale Immunbehandlung nicht empfehlenswert
Während einer Studie der McMaster University wurde kürzlich festgestellt, dass eine schrittweise Steigerung des Erdnusskonsums bei Kindern mit einer Erdnussallergie die Erkrankung potenziell verschlimmert. Die Untersuchungsergebnisse erschienen im englischsprachigen Fachjournal „The Lancet“.
Frühere Untersuchungen bezüglich Lebensmittelallergien haben bereits ergeben, dass die orale Immuntherapie, bei welcher die Allergenmenge mit der Zeit allmählich gesteigert wird, tatsächlich helfen kann. Die neuen Erkenntnisse der Forscher der McMaster University stellen diesen Behandlungsansatz nun jedoch infrage. Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass es allergische Reaktionen begünstigt, Kinder in der realen Welt zu desensibilisieren. Dies trifft auch auf die schwere lebensgefährliche Anaphylaxie zu, deren Wahrscheinlichkeit von 7,1 Prozent auf 22,2 Prozent steigt – eine alarmierende Zahl. Unter Betrachtung des dreifach erhöhten Risikos sei die völlige Vermeidung von Erdnüssen empfehlenswert. Auch typische allergische Symptome wie Asthma, Bauchschmerzen, Erbrechen, Juckreiz und Nesselsucht traten gehäuft auf.
Sicherheit hat oberste Priorität
Es wurden bereits diverse Studien zum Thema orale Immuntherapie publiziert, die Effektivität und Zuverlässigkeit des Therapieansatzes ist allerdings immer noch unklar. Die neue Untersuchung hat alle bisherigen randomisierten klinischen Studien einbezogen, in welchen die orale Erdnusstherapie mit einer nicht durchgeführten Behandlung verglichen wurde. Auf diese Weise wurde die bestmögliche Evidenz für eine Entscheidungsfindung gewährleistet. Die Untersuchung ergab, dass orale Therapieansätze bei einer Erdnussallergie durchaus zu einer Desensibilisierung führen können. Dies heißt jedoch nicht, dass keine allergischen Reaktionen und Anaphylaxien auftreten.
Sogar das Gegenteil ist der Fall: Es ist im Rahmen der oralen Immuntherapie mit vermehrten allergischen Reaktionen zu rechnen. Die Studie zeigte, dass diese weniger oft bei Patienten auftraten, die den Kontakt mit Erdnüssen vermieden oder nur Placebos verabreicht bekamen. Die Erkenntnisse stellen keinen Angriff auf vorangegangene Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet dar, sondern zeigt lediglich, dass die Behandlungsmethode dringend auf ihre Sicherheit hin geprüft und verbessert werden muss. Der Therapieerfolg soll den Wünschen der Patienten gerecht werden und sie nicht gefährden.
Beschwerdefreies Leben ist kein Wunschtraum
Viele Menschen werden ihre Allergien mit der Zeit tatsächlich los. Allein in Europa und Nordamerika leiden mehr als sechs Millionen Menschen unter Nahrungsmittelallergien, was einer Menge von acht Prozent der Kinder und zwei bis drei Prozent der Erwachsenen entspricht. Allergien gegen Milch und Eier werden im frühen Alter zwischen fünf und zehn Jahren häufig überwunden – Erdnussallergien begleiten Betroffene dagegen in vielen Fällen ein Leben lang. Forschungen im Bereich der oralen Immuntherapie richten den Behandlungserfolg danach, ob Betroffene einen beaufsichtigten Allergenkontakt vertragen oder nicht. Die Wissenschaftler warnen jedoch, dass dies nicht das reale Risiko im Alltag vorhersagen kann.
Welche Immuntherapie ist die richtige?
Die Ergebnisse der oralen (Einnahme) und der epikutanen (Hautkontakt) Immuntherapie sollten gegenübergestellt werden, denn obwohl zweitere weniger effektiv ist, ist sie um einiges sicherer als die orale Behandlung. Meist kann die Entwicklung einer Erdnussallergie bereits im Säuglingsalter verhindert werden, indem so früh wie möglich Erdnussprodukte in die Nahrung integriert werden. Es ist jedoch ohne Frage notwendig, für die Zukunft bessere Strategien zu entwickeln, um Menschen mit einer bereits existenten Erdnussallergie verlässlich zu therapieren.
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