Nach wie vor existiert kein wirksames Medikament, das vor Covid-19 schützt. Es gibt jedoch bereits einige Studien, die sich diesem Thema widmen und fieberhaft nach einem Arzneistoff suchen. Eine davon konnte nun einen ersten Erfolg verzeichnen: Deutsche Forscher haben einen Wirkstoff gefunden, der sogar verhindern könnte, dass SARS-CoV-2 Zellen infizieren kann. Dieser bindet sich an das Spike-Protein des Virus und verhindert so eine weitere Ausbreitung im Körper.
Klebrige DNA-Ketten
Dabei konzentrierte sich das Forschungsteam der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und des Forschungszentrums caesar auf die Erforschung von passenden Aptameren. Bestehend aus kurzen DNA-Ketten besitzen diese die Eigenschaft sich an andere Moleküle heften zu können. Dies mache sie gewissermaßen klebrig, meinen die Forscher in der Pressemitteilung dazu. Auch Chromosomen beinhalten mehrere DNA-Stränge, deren klebrige Seiten in Doppelsträngen zueinander gewandt sind. Zudem sind die Stränge wie verdrillte Fäden miteinander verwoben. Aptamere sind im Gegensatz dazu einzelsträngig und können sich so mit der offenen, klebrigen Seite an andere Moleküle binden.
Riesige Bibliotheken vereinfachen Entwicklung
Manche Bindungen beeinflussen in Folge die Funktionsweise des gebundenen Stoffes. Diese Besonderheit macht sie vor allem in der Wirkstoff-Forschung interessant. Die heutige Technik ermöglicht es riesige Bibliotheken mit unterschiedlichen Aptameren sehr einfach herzustellen. Das beschleunige die Entwicklung ungemein. Mittlerweile konnten so millionenfach mehr potenzielle Wirkstoffe für unterschiedliche Zwecke gefunden werden, als Menschen insgesamt auf dem Planeten leben. „Wir haben aus einer solchen Bibliothek Aptamere isoliert, die sich an das Spike-Protein des SARS-Coronavirus 2 heften können“, ergänzt hierzu Prof. Dr. Günter Mayer vom LIMES-Institut der Universität Bonn. Damit würde in Folge eine weitere Teilung der Viruszelle verhindert werden.
Genaue Wirkweise noch nicht hinreichend erforscht
Das Spike-Protein des Coronavirus nutzt vor allem das Protein ACE2, welches auf der Oberfläche der Körperzellen vorkommt. Ist die entsprechende Zelle infiziert, beginnt sie das Virus zahlreich zu kopieren – die Infektion bricht aus. Antikörper hingegen binden sich an die Rezeptorenbindungsdomäne von SARS-CoV-2, die für die Erkennung von ACE2 zuständig ist. Somit ist die Viruszelle nicht mehr imstande Zellen zu infizieren und stirbt somit ab. Das von den Wissenschaftlern isolierte Aptamer mit dem Kürzel SP6 soll diese Aufgabe nun übernehmen, vor allem wenn davor noch nie eine Infektion stattgefunden hat. Dieses kann zwar an das Spike-Protein an einer anderen Stelle andocken, aber die Infektion von Körperzellen trotzdem nicht verhindern. Der Kopiermechanismus wird dennoch gestoppt, was die Forscher derzeit noch vor ein Rätsel stellt.
Erst am Anfang in der Entwicklung
Hinzu kommt, dass in der Studie Pseudoviren verwendet wurden. Ähnlich wie SARS-CoV-2 besitzen sie zwar das Spike-Protein, können aber keine Krankheiten wie Covid-19 auslösen. „Wir müssen nun sehen, ob unsere Ergebnisse sich auch bei echten Viren bestätigen“, meint dazu Prof. Dr. Michael Famulok vom LIMES-Institut, der zudem am Forschungszentrum caesar in Bonn arbeitet. Schlussendlich wäre aber nach einigen Monaten der zusätzlichen Forschung ein Medikament in Form eines Nasensprays denkbar, das aktiv vor Infektionen schützen kann. Außerdem werden die Forschungsergebnisse dazu beitragen die Mechanismen bei einer Infektion besser zu verstehen. Auch könnte damit eine neue „Achillesferse“ des Spike-Proteins gefunden worden sein, die eine schnellere Entwicklung alternativer Wirkstoffe ermöglichen kann. Denn „je mehr solcher Mutationen sich anhäufen, desto größer wird die Gefahr, dass die verfügbaren Medikamente und Impfstoffe nicht mehr wirken“, so Mayer.
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