Derzeit sind in Deutschland zwei mRNA-Impfstoffe und zwei Vektorimpfstoffe zugelassen. Damit basierte die Impfkampagne bisher auf Technologien, die noch nie zuvor eingesetzt wurden. Doch nun ziehen die altbekannten Vakzine nach: Mit dem US-amerikanischen Novavax und dem indischen Covaxin dürften es bald auch zwei Totimpfstoffe in Deutschland zur Zulassung bringen. In einer kürzlich im medizinischen Fachjournal „The Lancet“ veröffentlichten Phase-3-Studie erzielte das Präparat Covaxin eine Wirksamkeit von knapp 80 Prozent. Novavax erreichte sogar eine 90-prozentige Schutzwirkung, berichtet die Studie, die im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde.
Guter Schutz vor schweren Verläufen
Bei der Phase-3-Studie des indischen Herstellers Bharat Biotech, an der 24.419 Personen zwischen 18 und 97 Jahren teilnahmen, erwies sich der Impfstoff Covavax, auch BBV152, als sicher und effektiv. Insgesamt traten 16 schwere COVID-19-Verläufe während der Dauer der Studie auf, 15 davon in der Placebo-Gruppe. Außerdem traten in der Placebo-Gruppe deutlich mehr symptomatische Corona-Erkrankungen auf: Während unter den Geimpften nur 24 Personen Symptome entwickelten, waren es in der Kontrollgruppe 106. Somit erreicht das Präparat eine Wirksamkeit von 77,8 Prozent. Nebenwirkungen traten zudem sehr wenige auf: Lediglich Kopfschmerzen, Müdigkeit, Fieber und Schmerzen an der Injektionsstelle wurden in einigen Fällen (12 Prozent) beobachtet. Während der Dauer der Studie, die zwischen November 2020 und Mai 2021 durchgeführt wurde, kam es zu keinen schwerwiegenderen Nebenwirkungen.
Auch gegen neue Varianten stark
Auch der Impfstoff des US-Pharmaunternehmens Novavax mit dem Namen NVX-CoV2373 berichtete von einer erfolgreichen Phase-3-Studie: Von den 15.187 Teilnehmenden erkrankten insgesamt 106 symptomatisch an COVID-19 – davon allerdings nur 10 aus der Gruppe der Geimpften. Somit ergibt sich eine Wirksamkeit von 90,4 Prozent. Nebenwirkungen traten nur wenige und leichte auf: Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit, sowie Kopf- und Muskelschmerzen waren mögliche Reaktionen auf die Impfung. Hinzu kommt, dass das Präparat auch gegen neuere Corona-Varianten zu wirken scheint: In einer Studie aus Großbritannien erreichte das Präparat eine Gesamtwirksamkeit von 89,7 Prozent und gegen das Wildvirus eine Wirksamkeit von 96 Prozent. „Da sich neue Coronavirus-Varianten in Europa und weltweit ausbreiten, ist dieser neue Vertrag mit einem Unternehmen, das seinen Impfstoff bereits erfolgreich an diesen Varianten testet, eine weitere Absicherung zum Schutz unserer Bevölkerung“, erklärte dazu EU-Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Altbekanntes Verfahren
Bei beiden neuen Impfstoffen handelt es sich um sogenannte Totimpfstoffe. Das bedeutet, sie verwenden inaktivierte Vollviren, die nicht replikationsfähig sind, um im Körper eine Immunreaktion hervorzurufen. Nach diesem Prinzip funktionieren zum Beispiel auch die bisher eingesetzten Impfstoffe gegen Influenza, Tetanus und HPV. Der Impfstoff von Novavax setzt allerdings zusätzlich einen Wirkverstärker ein, der aus dem chilenischen Seifenrindenbaum gewonnen wird. In Indonesien ist der Impfstoff bereits zugelassen, in diversen weiteren Ländern laufen zurzeit Zulassungsverfahren. Für das Präparat Covaxin gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kürzlich eine Empfehlung für den Notfalleinsatz für Personen ab 18 Jahren. Sowohl für diese als auch für die Novavax-Impfung werden zwei Dosen verabreicht im Abstand von drei (Novavax) beziehungsweise vier Wochen (Covaxin).
Einfache Lagerung und weniger Skepsis
Ein klarer Vorteil der beiden neuen Wirkstoffe ist die Lagerung: Sie können bei Kühlschranktemperatur gelagert und transportiert werden. Das erleichtert den Einsatz der Impfstoffe in weniger wohlhabenden Ländern. Und auch hierzulande sollten die neuen Totimpfstoffe Abhilfe schaffen: Viele Menschen, die sich bisher aus Skepsis gegenüber den neuartigen Funktionsweisen der COVID-19-Impfstoffe nicht haben impfen lassen, stehen den Totimpfstoffen wohlwollender gegenüber.
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