Die langersehnte Impfung gegen die Erkrankung Covid-19 ermöglicht uns einige Freiheiten, auf die wir sonst wohl verzichten müssten. Trotzdem können noch nicht alle Maßnahmen abgeschafft werden, denn obwohl die Impfung gut vor einem schweren Verlauf schützt, ist man vor einer Ansteckung – gerade mit der hochinfektiösen Deltavariante – trotz allem nicht sicher. Gerade im Winter wird es daher wichtig sein, dass ein möglichst großer Prozentsatz der Bevölkerung geimpft ist. Eine neue Studie aus Großbritannien untersuchte nun, wie sich das Virus unter Geimpften verbreitet und liefert weitere Hinweise auf den Nutzen einer dritten Impfung.
Gute und schlechte Nachrichten
Im Vergleich zu Ungeimpften stecken geimpfte infizierte Personen seltener Menschen in ihrer Umgebung mit dem Coronavirus an. Doch wie hoch ist das Risiko tatsächlich? Das untersuchten Forschende der Universität Oxford in einer neuen Studie, die bisher als Preprint auf dem Server Medrxiv veröffentlicht wurde. Dafür sahen sie sich die Daten aus der Kontaktnachverfolgung im Vereinigten Königreich an und fanden eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: Mit BioNTech oder Astrazeneca geimpfte Personen stecken weniger ihrer Kontaktpersonen an, sowohl bei der Alpha- als auch bei der Delta-Variante. Die Schlechte: Drei Monate nach der zweiten Impfung lässt dieser Schutz deutlich nach. Die Wahrscheinlichkeit, dass Geimpfte ihre Kontaktpersonen dann anstecken, ist fast genauso hoch wie bei Ungeimpften, sowohl bei Astrazeneca als auch bei BioNTech. Die Wissenschaftler bemerken allerdings, dass das Risiko für BioNTech-Geimpfte aufgrund des Studiendesigns überschätzt worden sein könnte.
37 Prozent der Kontaktpersonen angesteckt
Für die Studie analysierten David Eyre und sein Forschungsteam Daten des Nationalen Gesundheitsdienstes NHS die zwischen dem 1. Januar und 31. Juli erhoben wurden. Zum Anfang dieses Zeitraums war die Alpha-Variante in Großbritannien noch vorherrschend, etwa ab der Hälfte dominierte dann die Delta-Variante das Infektionsgeschehen. Insgesamt werteten die Forschenden Daten von 99.597 sogenannten Indexfällen aus. Damit bezeichnet man Infizierte, die am Beginn einer Infektionskette stehen. Hinzu kamen 151.821 Kontaktpersonen, die sich innerhalb von zehn Tagen nach dem positiven PCR-Test des Indexfalls ebenfalls testen ließen. Dabei zeigte sich, dass sich durchschnittlich 37 Prozent der Kontaktpersonen bei ihren Indexfällen ansteckten. Die Forschenden bemerken aber, dass Effekte von veränderten Coronamaßnahmen nur bedingt herausgerechnet werden können. So könne es etwa sein, dass die Zahl der durch Geimpfte angesteckten Personen überschätzt würde, da nicht-infizierte geimpfte Kontaktpersonen, die keinen PCR-Test gemacht haben, in den Statistiken nicht repräsentiert seien.
Geimpfte sind am sichersten
Das Risiko, dass sich Kontaktpersonen anstecken, ist von mehreren Faktoren abhängig. Vor allem kommt es dabei darauf an, ob die Personen selbst geimpft sind. Ungeimpfte Kontaktpersonen hatten mit 49 Prozent das höchste Risiko, einfach Geimpfte ein etwas niedrigeres (32-33 Prozent) und vollständig Geimpfte waren am sichersten vor einer Ansteckung (Astrazeneca 23 Prozent, BioNTech/Pfizer 17 Prozent). Allerdings spielt auch der zeitliche Abstand zur Impfung eine Rolle, fanden die Wissenschaftler heraus: Drei Monate nach Erhalt der zweiten Dosis stieg das Risiko einer Virusweitergabe enorm an. Bei mit Astrazeneca Geimpften war in dieser Hinsicht kaum ein Unterschied zu Ungeimpften zu erkennen. Außerdem nimmt das Alter der Infizierten Einfluss: Je älter die Person desto größer ihr Risiko, sich selbst und auch andere zu infizieren. Dabei kam es im eigenen Haushalt mit Abstand am häufigsten zur Ansteckung.
Dritte Impfung als Lösung?
Der Einfluss der Delta-Variante ist noch nicht ganz klar. Der Ct-Wert, der eine Schätzung der Viruslast ermöglicht, konnte nicht vorhersagen, ob ein Infizierter seine Kontaktpersonen ansteckt. Vergangene Studien hatten zudem bereits gezeigt, dass sich bei der Delta-Variante ungeimpfte und geimpfte Personen zum Höhepunkt der Infektion in ihrer Viruslast kaum unterscheiden. Allerdings war die Zeitspanne, in der sie ansteckend waren, bei Geimpften deutlich kürzer. Außerdem erkranken sie noch immer seltener schwer. Um dem nachlassenden Schutz vor Ansteckung entgegenzuwirken, sieht Erstautor David Eyre eine Drittimpfung als gute Möglichkeit. Unklar bleibt allerdings, ob und wenn ja, wie lange der Schutz vor Virusweitergabe nach einer dritten Dosis besteht.
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