Immer häufiger warnen Mediziner und Gesundheitsorganisationen vor einem zunehmenden Anstieg an schädlichen Pilz-Krankheitserregern. Dazu zählt auch der Schimmelpilz Aspergiullus fumigatus, der vor allem für immungeschwächte Personen weltweit eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr darstellt. Wie es dem Pathogen gelingt, sich ohne Immunreaktion in der Lunge einzunisten, galt bislang noch als unerforscht. Ein deutsches Forschungsteam schaffte es nun endlich diesen entscheidenden Mechanismus zu entschlüsseln.
Unbemerkter Befall der Lungenzellen
Laut den Experten gelingt es dem Pilz-Erreger seine Vernichtung durch das Immunsystem abzuwenden, indem er sich an einen menschlichen Eiweißstoff in den Oberflächenzellen der Lunge bindet. Dadurch können sich die Sporen unbemerkt in den Lungenzellen ansiedeln ohne vom Abwehrsystem des Atmungsorgans als Bedrohung wahrgenommen zu werden.
Wenn Abwehrzellen nicht einschreiten
„Die sogenannten Epithelzellen unserer Lunge sind die wichtigste Barriere gegen Pilzsporen und andere potenzielle Pathogene aus der Luft“, erklärt der renommierte Mikrobiologe Axel Brakhage. Laut dem Experten inhaliert der Mensch täglich mikroskopische Pilzbestandteile, die von den Epithelzellen des Atmungsorgans normalerweise beseitigt werden. Die Abwehrzellen umhüllen die Sporen und bilden einen isolierten Bereich. In diesem sogenannten Phagosom wird das Pilz-Pathogen eingeschlossen und allmählich im Zuge zahlreicher Zellprozesse durch stark reaktive Substanzen aufgelöst. Nicht jedoch Aspergiullus fumigatus: Anstatt im Phagosom abgetötet zu werden, nutzt der Schimmelpilz die Umgebung der Organelle gezielt für seine eigenen Zwecke. Der Krankheitserreger ist dazu in der Lage im Phagosom zu keimen und sich durch die Bildung von Fäden in benachbarten Zellen auszubreiten, welche wiederum als Wirt für weitere Schimmelpilze dienen.
Vertiefende Experimente bestätigten, dass der Krankheitserreger auch in verschiedenen Immunzellen auf diese Weise überlebt. Laut den Experten ist dieses Phänomen auf das menschliche Protein p11 zurückzuführen, an das sich Aspergiullus fumigatus bindet. Somit werden die Pilzsporen zwar von den Epithelzellen umschlossen, allerdings nicht eliminiert.
Schädlicher Prozess erfolgreich unterbunden
Den Forschern gelang es schließlich diesen Mechanismus zu unterbinden, indem sie die Bindung der Pilz-Pathogene an das Protein p11 verhinderten. Durch diesen Eingriff wurden die Pilzsporen wie erwartet zersetzt. Die Mediziner hoffen, dass die gewonnenen Erkenntnisse dazu beitragen Infektionen mit Aspergiullus fumigatus zukünftig effektiver behandeln zu können.
Klinische Relevanz bestätigt
Gemeinsam mit Medizinern aus Portugal überprüfte das Forschungsteam anschließend die klinische Relevanz ihrer Ergebnisse anhand DNA-Daten von Spendern und Empfängern einer Stammzelltransplantation. „Nach Transplantationen sind Patienten besonders anfällig für Pilzinfektionen, weil das Immunsystem heruntergefahren wird“, erläutert Axel Brakhage. Etwa ein Viertel der rund 500 Empfänger von Stammzelltransplantationen erkrankte in den Monaten nach dem Eingriff an einer schwerwiegenden invasiven Aspergillose. Im Zuge der Experimente stellte sich heraus, dass Patienten mit einer gewissen Mutation des p11-Gens ein geringeres Risiko aufwiesen, eine invasive Aspergillose zu entwickeln. „Dieses Ergebnis hilft, die stärker gefährdeten Patienten besonders intensiv zu beobachten“, schildert die federführende Studienautorin Lei-Jie Jia. Laut den Forschern könnten sowohl das Pilzprotein, das sich an das p11-Gen bindet, als auch der humane Eiweißstoff selbst bedeutende Angriffspunkte im Kampf gegen Aspergillosen darstellen.
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