Angesichts der steigenden Prävalenz gefährlicher Pilzinfektionen veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Übersicht der bedrohlichsten Pilzerreger, um die Bevölkerung für diese Gesundheitsproblematik zu sensibilisieren.
Zuwachs an invasiven Pilzerkrankungen verzeichnet
Laut WHO zählen Infektionskrankheiten weltweit zu den häufigsten Todesursachen und gelten außerdem als eine der Hauptursachen für Behinderungen. Obwohl die meisten Infektionen durch multiresistente Keime hervorgerufen werden, verzeichnen Mediziner darüber hinaus einen starken Zuwachs an invasiven Pilzerkrankungen – vor allem bei immungeschwächten Personengruppen.
Medizinische Mängel erschweren Behandlung
Als äußerst problematisch stellt sich der vielerorts vorherrschende Mangel an Diagnostika heraus, welcher eine fachgerechte Behandlung erschwert. Zudem entwickeln viele Erreger Resistenzen gegen herkömmliche Medikamente. Trotz der zunehmenden gesundheitlichen Bedrohung wird Pilzinfektionen im medizinischen Kontext noch immer zu wenig Beachtung geschenkt. Aufgrund der fehlenden Bereitstellung von Ressourcen konnten keine qualitativen Daten hinsichtlich der Verbreitung von Pilzerkrankungen ermittelt werden. Auch das Resistenzmuster der Keime gilt bislang als unzureichend erforscht.
Welche Pilz-Erreger gelten als gefährlich?
Um diesen Missständen entgegenzuwirken, veröffentlichte die WHO ein Dokument, in dem potenziell gefährliche Pilzerreger nach Priorität aufgelistet werden. Hierbei wurden sowohl der jeweilige Entwicklungs- und Forschungsbedarf als auch die Bedrohung für die öffentliche Gesundheit berücksichtigt. Im Fokus standen insbesondere jene Erreger, die akute systematische Pilzerkrankungen hervorrufen und Arzneimittelresistenzen aufweisen. Vier Varianten wurden in diesem Kontext als besonders kritisch eingeschätzt:
Cryptococcus neoformans
Hierbei handelt es sich um einen Sprossenpilz, der sich hauptsächlich im Darm von Vögeln vermehrt. Inhalieren Personen Bestandteile des Vogelkotes, gelangen die Erreger in die Lunge, wo sie eine sogenannte Krypotkokkose hervorrufen können. Dies erweist sich insbesonders für immunschwache Menschen als äußerst bedrohlich, da eine Kryptokokkose zahlreiche Organe wie Gehirn, Knochen und Gelenke stark beeinträchtigen kann.
Candida auris
Dieser Hefepilz wird von Mensch zu Mensch mittels Schmierinfektion übertragen. Die Infektion erfolgt zumeist durch kontaminierte Oberflächen. Insbesondere bei immungeschwächten Personen besteht die Gefahr, dass der Blutstrom, das zentrale Nervensystem sowie Nieren, Leber und Knochen befallen werden. Dies kann in weiterer Folge schwerwiegende Komplikationen wie Blutvergiftungen, Nieren- und Lungenerkrankungen sowie Diabetes verursachen. Bekanntheit erlangte der Pilzerreger vor allem aufgrund seiner Resistenz gegen mehrere etablierten Medikamente. Da Candida auris oftmals mit ähnlichen Hefepilzen verwechselt wird, stellt sich die Behandlung in vielen Fällen als äußerst kompliziert heraus.
Aspergillus fumigatus
Darunter wird die am häufigste isolierte Art der Schimmelpilzgattung Aspergillus verstanden. Der Pilzerreger breitet sich hauptsächlich in menschennahen Lebensräumen aus, wie beispielsweise der Biotonne, dem Kompost oder Tapeten. Im Allgemeinen zeichnen sich die Pilze durch eine äußert hohe Hitzetoleranz aus. Vor allem bei immungeschwächten Personen können die Keime ernste Gesundheitsschäden hervorrufen, welche von schwerwiegenden Lungenentzündungen, Hirninfarkten bis hin zu Herzinnenhautentzündungen reichen.
Candida albicans
Dieser Hefepilz ist bei vielen Menschen ein natürlicher Bestandteil der Darmflora, der keinerlei Probleme bereitet. Sobald allerdings eine Immunschwäche vorliegt, wird ein überproportionales Pilzwachstum begünstigt: Zunge, Mundhöhle oder Genitalschleimhäute werden dann vermehrt von den Erregern befallen. Gelangen zu viele Pilz-Erreger in den Blutkreislauf, erhöht sich das Risiko einer Blutvergiftung. In seltenen Fällen besiedelt Candida innere Organe wie Herz, Leber oder das zentrale Nervensystem – ohne sofortige medizinische Intervention verläuft der Pilzbefall unter diesen Umständen oftmals tödlich.
Umfangreiche Maßnahmen erforderlich
Damit Patienten eine effektivere Therapie ermöglicht werden kann, empfiehlt die WHO aktiv gegen Arzneimittel-Resistenzen vorzugehen. Um dieses Ziel zu erreichen seien umfangreiche Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation notwendig sowie konkrete Maßnahmen im öffentlichen Gesundheitssystem. Darüber hinaus sollte das Augenmerk auf mykologische Diagnosemittel gelegt werden, sodass Mediziner Pilzinfektionen rechtzeitig erkennen und behandeln können. Überdies sprechen sich die Experten für die Sensibilisierung medizinischen Fachpersonals aus – Pilzerkrankungen sollten somit im Rahmen von Lehrplänen, Weiterbildungen und Schulungen vermehrt thematisiert werden. Um Pilzerkrankungen erfolgreich einzudämmen, sei zudem eine sektorübergreifende Kooperation notwendig, bei der sowohl regionale als auch nationale Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen.
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