Impfungen sind eine der größten Errungenschaften der Medizingeschichte. Sie erlauben uns, einen Immunschutz gegen Krankheiten aufzubauen, ohne uns jemals angesteckt zu haben. Doch der Schutz vor der jeweiligen Erkrankung ist womöglich nicht der einzige Effekt von Impfungen: Neue Erkenntnisse zeigen, dass sie sich auch auf das Demenz-, Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko auswirken.
Erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko
Infektionskrankheiten, wie zum Beispiel die Grippe oder das Coronavirus Sars-CoV-2, bringen natürlich selbst schon unangenehme Beschwerden bis hin zu ernstzunehmenden Risiken mit. Aber auch, wenn eine Person die Erkrankung gut übersteht, können noch mittel- und langfristige Konsequenzen drohen. „Eine Atemwegsinfektion führt in den ersten drei Tagen bei über 18-Jährigen zu einem um das Fünffache gesteigerten Herzinfarkt- und zu einem um das Dreifache gesteigerte Schlaganfallrisiko. Diese erhöhte Gefährdung hält bis zu drei Monate an“, erklärt Mark Doherty, leitender Medical Affairs Manager des britischen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK), bei einer Diskussion zum Thema Impfungen als lebenslanges Konzept.
Umweltfaktoren haben größten Einfluss
„Die Menschen werden immer älter. Zu gesundem Altern führt aber ein lebenslanger Prozess. Aus Zwillings-Studien wissen wir, dass drei Viertel von Gesundheit bzw. Krankheit auf Umweltfaktoren beruhen“, so der GSK-Manager. Eine neue Studie zur Varicellen-Impfung gegen Herpes zoster, die älteren Menschen zur Prävention von Gürtelrose angeraten wird, weist darauf hin, dass zu diesen Umweltfaktoren eben auch Erkrankungen gehören: „Dort hat man nach Herpes-zoster-Impfung an rund 200.000 Menschen gezeigt, dass sich das Schlaganfallrisiko bei den 60- bis 64-Jährigen um zwölf Prozent, bei den 65- bis 69-Jährigen gar um 51 Prozent reduzierte“, betont Doherty. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal „Plos One“ veröffentlicht.
Was uns nicht umbringt, macht uns… dement?
Die Wissenschaftler vermuten, dass Infektionskrankheiten Schäden verursachen, die sich auch längerfristig negativ auf die Gesundheit auswirken. Wenn aber die Krankheiten durch Impfungen verhindert werden, bleiben auch die Schäden aus. Doherty: „Man hat zum Beispiel Morbus Alzheimer lange Zeit auf die Ansammlung bestimmter Protein-Plaques im Gehirn zurückgeführt und diese durch Therapien zu verhindern versucht. Das gelingt. Aber man verhindert dadurch nicht die Demenz.“ Aktuelle Forschung weist eher darauf hin, dass diese Plaques eine Folge der Alzheimer-Erkrankung sind; nicht etwa deren Ursache. Eine mögliche Ursache: durchgestandene Infektionen.
Klarer Zusammenhang in mehreren Studien
Aktuelle Beobachtungsstudien sprechen durchaus dafür, dass Impfungen doppelt schützen. So untersuchte etwa eine in der Zeitschrift „Vaccine“ veröffentlichte Studie an rund 120.000 Personen einen möglichen Zusammenhang zwischen Influenza-Impfungen und dem Demenz-Risiko. Die Auswertung der Daten zeigte, dass Personen, die sich vor mindestens sechs Jahren gegen Grippe hatten impfen lassen, gegenüber denen mit weniger oder keinen Impfungen ein um zwölf Prozent geringeres Risiko hatten, an Demenz zu erkranken. Ebenso verhielt es sich mit der Impfung gegen Herpes zoster: Bei den über 200.000 Teilnehmenden war das Risiko einer Demenz unter den Immunisierten um 31 Prozent reduziert. „Die Herpes-zoster-Impfung war im Vergleich zu Nicht-Geimpften mit einem signifikant geringeren Demenzrisiko verknüpft“, erklären die Wissenschaftler um Geoffrey Scherrer. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Studien aus Taiwan und Großbritannien.
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