Verschiedene Studien der letzten Monate lieferten bereits Hinweise darauf, dass eine Kombination zweier verschiedener Impfstoffe besser vor Covid-19 schützen könnte. Nun wurden nach strenger wissenschaftlicher Begutachtung erneut Forschungsergebnisse veröffentlicht, die diese Annahme bestätigen und aufzeigen, dass eine solche Impfstoffkombination tatsächlich zu einer deutlich stärkeren Immunantwort führt.
Wirkung sogar bei Virusvarianten
Vor allem jüngere Personen erlebten nach einer Covid-19-Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca teilweise schwerwiegende Nebenwirkungen. Anschließend wurde in Deutschland empfohlen unter 60-Jährigen, die bereits einmal mit diesem Vakzin geimpft wurden, für die Zweitimpfung das Präparat von BioNTech/Pfizer zu verabreichen. Eine spätere Untersuchung zeigte nun, dass die Immunantwort bei dieser Impfstoffkombination besonders deutlich ausfällt und auch besser bei Virusvarianten wirkt.
Verschiedene Wirkstoffe für besten Schutz
Das Forschungsteam rund um Immunologie-Professorin Martina Sester an der Universität des Saarlandes hat im Juni die Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von Impfstoffkombinationen gegen die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit Covid-19 bekannt gegeben und als Preprint veröffentlicht, was bereits internationale Beachtung fand. Nach strenger wissenschaftlicher Begutachtung hat das renommierte Fachjournal „Nature Medicine“ die Studienergebnisse publiziert.
Darüber hinaus sind die Ergebnisse ebenfalls von der Ständigen Impfkommission (STIKO) aufgegriffen worden, die inzwischen die kombinierte Impfung auch für Über-60-Jährige empfiehlt. Wie es in einer Pressemitteilung heißt, hatte das Forschungsteam nachgewiesen, dass die Geimpften eine deutlich stärkere Immunantwort zeigen, wenn der Impfstoff des Herstellers AstraZeneca bei der Zweitimpfung mit dem BioNTech/Pfizer-Wirkstoff kombiniert wird.
Teilnehmer bereits im Frühjahr geimpft
Den Angaben zufolge hatten sich an der Studie insgesamt 216 Personen beteiligt, bei denen die Stärke der Immunantwort zwei Wochen nach Abschluss der vollständigen Impfung bestimmt wurde. Diese wurde den Teilnehmern vom Betriebsarzt am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg im Laufe des Frühjahrs verabreicht. Ein Teil der Probanden bekam eine zweifache AstraZeneca-Impfung oder eine zweifache BioNTech/Pfizer-Impfung, einem anderen Teil wurde mit einem Abstand von neun bis zwölf Wochen eine Kombination aus beiden Impfstoffen (heterologe Impfung) verabreicht. Einige wenige Personen wurden außerdem mit dem Moderna-Impfstoff oder einer Kombination aus AstraZeneca und Moderna geimpft.
Wirkstärke bringt Nachweis
„Vor dem Hintergrund, dass die Ständige Impfkommission die heterologe Impfung im März ohne eigentliche Zulassungsstudien empfehlen musste, wurden Analysen wie unsere aus dem Labor für Transplantations- und Infektionsimmunologie dringend benötigt“, betont Martina Sester, Professorin für Transplantations- und Infektionsimmunologie der Universität des Saarlandes. „Wir haben bei den geimpften Personen nicht nur untersucht, wie viele Antikörper sie gegen das Coronavirus gebildet haben, sondern wir haben auch die Wirkstärke der sogenannten neutralisierenden Antikörper bestimmt. Diese gibt uns Auskunft darüber, wie gut die Antikörper das Virus davon abhalten, in die Zellen einzudringen“, so Sester weiter.
Zehnfache Menge Antikörper im Blut
Die darauffolgende Analyse der Antikörper-Bildung ergab, dass eine kombinierte AstraZeneca-BioNTech-Impfung ebenso wie eine zweifache BioNTech-Impfung eine wesentlich höhere Wirksamkeit zeigte als etwa eine zweifache AstraZeneca-Impfung. Bei den beiden erstgenannten Varianten konnten sogar zehnmal mehr Antikörper im Blut nachgewiesen werden: „Bei den neutralisierenden Antikörpern zeigte die kombinierte Impfstrategie sogar noch leicht bessere Ergebnisse als eine zweifache Biontech-Impfung“, meint Martina Sester. Darüber hinaus waren zwei Typen von sogenannten T-Zellen Gegenstand der Studie.
T-Killerzellen reagieren am stärksten bei heterologer Impfung
Laut den Forschern unterstützen die T-Helferzellen den menschlichen Körper unter anderem dabei, dass Antikörper gebildet werden können. Bei der Vernichtung der infizierten Zellen kommen zudem T-Killerzellen ins Spiel, die besonders wichtig sind, um schwerwiegende Covid-19-Krankheitsverläufe zu verhindern. Den Fachleuten zufolge wirkten bei der Bildung beider Zellarten die Impfstoff-Kombination von AstraZeneca und BioNTech sowie die zweifache BioNTech-Impfung eindeutig am stärksten. Die heterologe Impfung führte damit bei der Produktion der Killerzellen ähnlich wie bei den neutralisierenden Antikörpern zur stärksten Reaktion.
Unausgeschöpftes Potential
„Hier zeigt sich recht markant, dass die zweifache AstraZeneca-Impfung die Immunabwehr weniger mobilisieren kann als die beiden anderen Varianten“, fasst Sester zusammen. „Das bedeutet nicht, dass viele der so geimpften Personen keinen ausreichenden Impfschutz aufweisen, denn die Zulassungsstudie und der Erfolg der Impfkampagnen in vielen Ländern zeigen eine hohe Effektivität der AstraZeneca-Vakzine. Mit einer zweiten Dosis kann jedoch nicht mehr das volle Potential ausgeschöpft werden, das eigentlich in diesem Impfstoff liegt.“
Immungeschwächte Personen könnten besonders profitieren
Die Wissenschaftler waren derart überrascht von der Eindeutigkeit der Ergebnisse, weshalb sie diese schon früher veröffentlichten als ursprünglich geplant: „Dies war auch der Grund, warum wir damit frühzeitig an die Öffentlichkeit gegangen sind und nicht erst das wissenschaftliche Begutachtungsverfahren abgewartet haben“, so auch Sester. Für die wissenschaftliche Publikation der Studie wurden die vorliegenden Daten unter weiteren Aspekten ausgewertet, etwa Geschlecht und Alter sowie der Frage, bei welcher Impfstoff-Kombination die meisten Nebenwirkungen auftraten: „Wir überprüfen jetzt, ob Menschen mit Vorerkrankungen, deren Immunabwehr zum Beispiel durch Medikamente geschwächt ist, nicht als dritte Impfung eine kombinierte Version bekommen sollten, um eine möglichste breite Immunreaktion des Körpers zu erzeugen“, stellt die Immunologie-Professorin in Aussicht.
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