Arbeit, Haushalt, Kinderbetreuung und „Homeschooling“ – das alles steht aktuell auf dem Programm vieler deutscher Frauen. Der „Mental Health Report“, eine Studie der AXA-Versicherungen, zeigte kürzlich, dass die Corona-Krise die weibliche Bevölkerung mehr mitnimmt als die männliche. Aufgrund der Mehrfachbelastung im Alltag leidet die Psyche der Frauen, die gezwungen sind alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Was vorher schon der Auslöser psychischer Probleme war, wird durch die Krise verstärkt. Doch noch ist kein Ende in Sicht.
Krise verstärkt Spaltungspotenzial
Auf den ersten Blick könnte man davon ausgehen, dass eine Pandemie alle Menschen gleichermaßen berührt. Ein Virus unterscheidet nicht nach sozialem Status oder Geschlecht, die Ansteckungsgefahr ist immer dieselbe. Dennoch sind deutliche Unterschiede zu erkennen, vor allem bei den Geschlechtern. So konnten nur 56 Prozent der Frauen der Aussage „Ich hatte während Corona keinerlei psychische Probleme“ zustimmen, während es bei den Männern 74 Prozent waren. Ähnlich verhält es sich bei generellen Herausforderungen und Problemen, die während der Corona-Krise präsenter sind. Es geben 44 Prozent der Frauen an, dass sie diese Probleme schwerer zu bewältigen finden als vor der Krise. Lediglich 31 Prozent der befragten männlichen Teilnehmer sehen dies genauso.
Frauen im Balanceakt
Das Wichtigste in diesen Zeiten sind ein bestehendes Netzwerk und Unterstützung von außen. Wenn dieses Netzwerk aufgrund von Social Distancing und Isolation wegbricht, ist es noch schwerer, die Herausforderungen des Alltags zu meistern. Das gilt vor allem für Frauen, die während der Phase des „Homeschoolings“ zwischen Kinderbetreuung und „Home-Office“ hin- und herspringen müssen. Was das Ganze als besonders schwierig gestaltet: Beide Orte befinden sich unter einem Dach. Aus diesem Grund hat frau nie das Gefühl, einmal durchatmen oder gar eine Pause machen zu können. Laut Deniz Kirschbaum, approbierte Psychotherapeutin für Erwachsene und Kinder, seien Frauen statistisch gesehen anfälliger für äußere Einflüsse und psychische Erkrankungen. „Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht Nähe und Kommunikation, um sich wohlzufühlen“, so Kirschbaum. Demnach ist es klar, dass diese Phase der Isolation nicht spurlos an uns vorbeigeht. Auch wenn Untersuchungen zeigen, dass Männer und Frauen während der Pandemie mehr Zeit zu Hause verbracht haben, sind es meistens die Frauen, an denen die Haushaltsaufgaben hängen bleiben. Eine aktuelle Umfrage beleuchtet die Rollenverteilung in Familien genauer und hält fest, dass diese weiterhin traditionell geprägt ist.
Optimismus bleibt bestehen
Mehrfachbelastete Personen lassen sich trotz der Krise den Optimismus aber nicht nehmen. Sogenannte „Kümmerer“, also Menschen, die sich während der Pandemie um andere gekümmert haben, sind generell positiver gestimmt – trotz der Verschlechterung ihrer psychischen Verfassung (34 Prozent) verglichen mit den „Nicht-Kümmerern“ (27 Prozent). Außerdem ordnen „Kümmerer“ die Corona-Krise als nicht allzu schwerwiegend ein: 72 Prozent bekunden, bereits mit schlimmeren Situationen für das eigene Wohlbefinden konfrontiert gewesen zu sein. Dies konnten „Nicht-Kümmerer“ nur zu 61 Prozent bestätigen. Nicht nur das: „Kümmerer“ blicken der Zukunft vermehrt positiv entgegen und berichten, dass die Krise Ihnen sogar dabei geholfen habe, herauszufinden, was sie im Leben erreichen wollen.
Bewusstsein für psychische Probleme geschärft
Der „Mental Health Report“ berichtet zudem, dass sich zunehmend mehr Menschen während der Pandemie mit der eigenen psychischen Gesundheit beschäftigt haben. Dem konnten 32 Prozent der Befragten zustimmen. Was in den letzten Jahren noch Tabuthema war, könnte wegen der Pandemie nun mehr Aufmerksamkeit erhalten: Die psychische Gesundheit des Einzelnen. Eine Veränderung, die in der jüngeren Gesellschaft besonders mitverfolgt werden kann. Das Bewusstsein für psychische Störungen und Erkrankungen könnte nun aktiv gestärkt werden – ein Hoffnungsschimmer für die nächste Generation.
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