Akupunktur gilt in der Traditionellen Chinesischen Medizin als eine bewährte Behandlungsmethode gegen chronische Schmerzen, Übelkeit und Allergien. Laut einer japanischen Studie könnte diese spezielle Therapieform darüber hinaus dazu beitragen, schneller unerwünschte Kilos zu verlieren. Externe Statistiker und Wissenschaftler im medizinischen Bereich äußern allerdings scharfe Kritik an der methodischen Vorgehensweise des Forschungsteams.
Bedeutender Bestandteil der TCM
Akupunktur zählt zu den bedeutendsten Bestandteilen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Laut dieser etablierten Heilkunde wird die Gesundheit maßgeblich von Energieströmen beeinflusst, die durch den ganzen Körper fließen. Geraten diese sogenannten Qi-Flüsse aus dem Gleichgewicht, geht dies mit negativen Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit einher. Um die Energieströme wiederherzustellen, führen Mediziner in der TCM oftmals eine Ohrakupunktur durch, bei der dünne Nadeln in bestimmte Reflexbereiche des Hörorgans gestochen werden. Dem Forschungsteam zufolge ermöglichte dieser Therapieansatz entscheidende Erfolge bei der Behandlung von Suchterkrankten. Auch bei Stoffwechselerkrankungen, Verdauungsbeschwerden sowie oxidativem Stress könne die Methode laut den Forschern Abhilfe verschaffen.
Spezielle Akupunkturmethode angewandt
Dass Ohrakupunktur die Behandlung von Adipositas unter bestimmten Umständen erleichtert, wurde bereits im Rahmen einer früheren Studie an betroffenen Frauen nachgewiesen. Im Zuge des aktuellen Forschungsprojektes wollten die Mediziner ergründen, ob ein vergleichbarer Effekt auch bei männlichen Probanden erzielt werden kann. Dazu untersuchten die Experten 81 japanische Männer mit Übergewicht oder Adipositas im Alter von 21 bis 78 Jahren. Die Fachleute führten an sämtlichen Versuchsteilnehmern eine spezielle Form der Ohrakupunktur durch, bei der 1,5 Millimeter große Metallkügelchen an sechs Punkten entlang der Ohrmuschel platziert wurden. Anschließend fixierten die Mediziner die Kügelchen mit chirurgischem Klebeband, um einen durchgehend gleichmäßigen Druck auf allen Akupunkturpunkten sicherzustellen.
Zahlreiche Faktoren erfasst
Während der Therapie erhielten alle Versuchsteilnehmer eine umfangreiche Ernährungsberatung: Den Probanden wurde empfohlen, ihre Nahrungsaufnahme während des dreimonatigen Behandlungszeitraums um die Hälfte zu verringern und ihre Essgewohnheiten regelmäßig schriftlich festzuhalten. Zu Beginn und am Ende der Untersuchungsperiode erfassten die Experten die Fettmasse, die fettfreie Masse, den Körperfettanteil sowie das Körpergewicht sämtlicher Teilnehmer. Auch der Body-Mass-Index (BMI), der Taillenumfang, die Muskelmasse und das Bauchfett wurden gemessen.
Rascher Behandlungserfolg?
Bereits nach drei Monaten machten sich bei den Versuchsteilnehmern signifikante Fortschritte bemerkbar. So verloren die Probanden durchschnittlich vier Prozent ihres Gesamtkörperfettes und 10,4 Zentimeter ihres Taillenumfangs. Der Anteil an ungesundem Bauchfett sowie der BMI-Wert sanken bei den meisten Teilnehmern ebenso erheblich. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Akupunktur am Ohr in Verbindung mit einer Diät und körperlicher Betätigung die Gewichtsabnahme unterstützen kann”, erklärt Studienleiter Dr. Takahiro Fujimoto. Den Forschern zufolge sei der Therapieerfolg auf mehrere entscheidende Faktoren zurückzuführen: Ohrakupunktur verringere Heißhunger, optimiere die Verdauung und stimuliere gleichzeitig den Stoffwechsel. Die speziellen Metallkügelchen würden darüber hinaus eine risikoarme Behandlung ermöglichen, da die traditionellen Akupunkturnadeln für diese Methode nicht benötigt werden.
Methodik scharf kritisiert
Obwohl sich das Forschungsteam mit den vorliegenden Ergebnissen zufrieden zeigt, äußerten sich auch kritische Stimmen: „Während der Behandlung mit Ohrakupunktur forderten die Forscher die Teilnehmer auf, ihre Nahrungsaufnahme um die Hälfte zu reduzieren. Es ist nicht abwegig zu erwarten, dass diese grundlegende Ernährungsumstellung der Hauptgrund für die Gewichtsabnahme der Teilnehmer war. Da die Forscher ihre Ergebnisse nicht mit einer ähnlichen Gruppe von Männern verglichen, die ihre Nahrungsaufnahme reduzierten, aber keine Ohrakupunktur erhielten, zeigt uns diese Studie nicht die Auswirkungen der Ohrakupunktur auf den Gewichtsverlust“, kritisiert Dr. Graham Wheeler, Mediziner am Imperial College in London. Weitere renommierte medizinische Statistiker wie Sir David Spiegelhalter und Dr. Adam Jacobs schließen sich diesem Kritikpunkt an und bemängeln, dass die Studie keine eindeutige Kausalität beweisen könne.
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