„Schlaf ist die beste Medizin“ – ein altbekanntes Sprichwort, das in der heutigen schnelllebigen Gesellschaft oftmals ins Gegenteil verkehrt wird. Wenig Schlaf und ständige Abrufbereitschaft werden mit Begriffen wie „flexibel“, „fleißig“ oder „dynamisch“ assoziiert, wer hingegen für ausreichend Schlaf sorgt, wird schnell zur „Schlafmütze“ degradiert. Dass Schlafmangel sowie Schlafstörungen beträchtliche Auswirkungen auf die Lebensqualität, insbesondere von jungen Menschen, haben können, ist vielen dabei nicht bewusst.
Heranwachsende schlafen schlechter
Laut der Krankenkasse Barmer Bayern leiden ca. 80.000 der Zehn-bis Neunzehnjährigen in Deutschland unter Schlafstörungen, die sich zumeist in Form von Einschlaf- oder Durchschlafschwierigkeiten äußern. Eine erschreckend hohe Zahl, wenn man die schwerwiegenden Folgen bedenkt, die unzureichende bzw. schlechte Schlafqualität für diese Altersgruppe bedeutet: Es kann sowohl zu körperlichen als auch zu geistigen Entwicklungsproblemen der Jugendlichen kommen, wodurch das Risiko für schlechtere Schulleistungen und psychische Störungen maßgeblich erhöht wird.
Die Gründe, weshalb gerade Teenager immer häufiger mit Schlafstörungen zu kämpfen haben, sind vielseitig. Schlafprobleme können körperlicher oder entwicklungsbedingter Natur sein. Oftmals gesellen sich schulische oder psychosoziale Alltagsbelastungen wie Stress, Überforderung oder Ängste hinzu. Hier spielt die eingangs erwähnte Schnelllebigkeit der Gesellschaft sowie das Gefühl, immer präsent, vernetzt und aktiv sein zu müssen, eine prägende Rolle. Auch wenn Schlafstörungen größtenteils von kurzer Dauer sind und nur vorübergehend auftreten, sollte bei länger anhaltenden Schlafproblemen unbedingt medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden.
Schlechter Schlaf hat dramatische Folgen
Schlaf ist so lebensnotwendig für den Menschen wie Essen und Trinken, da er das wichtigste Regenerations- und Reparaturprogramm darstellt. Rund ein Drittel ihres Lebens verbringt eine Person im erholsamsten Zustand für den Körper – dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass eine gesunde Schlafhygiene die Lebensqualität jedes Einzelnen physisch wie psychisch beeinflusst. Gerade die Tiefschlafphase, welche insbesondere in der ersten Schlafperiode auftritt, ist für die Regeneration des Körpers und in weiterer Folge für eine gestärkte Immunabwehr von größter Bedeutung. Wer unzureichend Schlaf bekommt, ist anfälliger für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Bluthochdruck steigt somit, während die Lebenserwartung sinkt.
Zudem dient gesunder Schlaf als „Gedächtnisbooster“: Signifikante neue Informationen vom Tag werden internalisiert und ins Langzeitgedächtnis übertragen, wohingegen Unwichtiges vergessen wird, um Platz für Neugelerntes zu schaffen. Außerdem werden Stoffwechselendprodukte, die tagsüber bei Denkprozessen anfallen, beseitigt, sodass sogenannte Plaques – Ablagerungen im Gehirn – kein Risiko für eventuelle altersbedingte Krankheiten wie Demenz oder Parkinson darstellen. Weiters erhöhen chronischer Schlafmangel und vor allem chronische Schlafstörungen das Risiko an psychischen Störungen zu erkranken. Die Wahrscheinlichkeit einer Depression zu verfallen oder Angststörungen zu entwickeln erhöht sich um das Dreifache. Suchterkrankungen, wie beispielsweise ungesunder Alkoholkonsum, treten ebenfalls häufiger auf.
Gesunde Schlafhygiene – wie geht’s?
Sich individuell und jede Nacht aufs Neue bestmöglich auf die Phase des Schlafs vorzubereiten, kann die Schlaf- sowie Lebensqualität eines Menschen anhand geringfügiger Adaptionen immens verbessern. Die ideale Abendroutine sollte mit dem Verzicht auf Stimulanzien wie Koffein, Nikotin oder Alkohol vor dem Zu-Bett-Gehen beginnen, da besonders Genussmittel zu später Stunde zu Problemen beim Schlafen führen. Weiters sollten Handy, Laptop, Tablet, Fernseher und andere elektronische Geräte bereits einige Stunden vor dem Schlafengehen ausgeschaltet werden, da das von den Geräten ausgestrahlte blaue Licht die Produktion des Schlafbotenstoffes Melatonin verhindert und somit den Übergang ins Reich der Träume erschwert.
Die optimale Schlafumgebung in Form eines kühlen, dunklen und gut belüfteten Schlafzimmers trägt ebenso zu einer erholsamen Nachtruhe bei. Da die Körpertemperatur gegen Abend heruntergefahren wird, sind stark beheizte Zimmer kontraproduktiv und signalisieren dem Körper die weitere Bereitschaft des Stoffwechsels. Abschließend sollte einer entspannenden Tätigkeit, wie z.B. Lesen, Atem- oder Entspannungsübungen, vor dem Einschlafen nachgegangen werden, um negative Gedanken, die einen möglicherweise wachhalten könnten, zu vertreiben.
Grundsätzlich benötigt es auch einer neuen Sichtweise auf Schlaf: Anstatt ihn zu verkürzen, um immer größere Quantitäten an Arbeit und Aktivität in einen Tag zu zwingen, muss ein neues Schlafverständnis her, um ihn wieder als etwas Positives zu erachten und wertschätzen zu lernen.
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