Herzrhythmusstörungen, Kreislaufprobleme und im schlimmsten Fall Organversagen – Magersucht kann mit vielen ernstzunehmenden Komplikationen einhergehen. Ein deutsches Forschungsteam entwickelte nun eine spezielle KI, die den Verlauf der gefährlichen Essstörung voraussagt. Die Experten gehen davon aus, dass diese Innovation zukünftig eine bessere Behandlung von Patienten ermöglichen könnte.
Wenn der Hunger zur Sucht wird
Bei Magersucht handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die sich durch erheblichen, selbst herbeigeführten Gewichtsverlust und ein verzerrtes Körperbild äußert. Trotz sehr niedrigem Gewicht verspüren Betroffene weiterhin das Bedürfnis abzunehmen, da sie sich selbst als zu dick wahrnehmen. Neben psychischen Beschwerden wie der permanenten Angst vor Gewichtszunahme treten auch körperliche Mangelerscheinungen auf, die sich in weiterer Folge negativ auf die Funktionsfähigkeit wichtiger Organe wie Herz, Leber und Niere auswirken.
Chronische Veränderungen möglich
Selbst wenn die Krankheit erfolgreich überstanden wurde, können strukturelle Veränderungen im Organismus bestehen bleiben. Um festzustellen, inwieweit dieses Phänomen im Gehirn auftritt, untersuchten Experten des Uniklinikums Dresden mittels künstlicher Intelligenz, wie sich die Essstörung auf die sogenannte graue Substanz auswirkt – jenen Teil des Gehirns, der Emotionen, Bewegungen und Wahrnehmungsprozesse maßgeblich beeinflusst.
KI ermittelt Krankheitsstadium
Basierend auf den MRT-Ergebnissen der Probanden war die KI dazu in der Lage, das Krankheitsstadium sowie den Grad der Genesung verschiedener Patienten selbst festzustellen. So gelang es dem Modell beispielsweise zu ermitteln, ob ein Betroffener starkes Untergewicht aufweist oder sich bereits auf dem Weg der Besserung befindet. Auf Grundlage der Erkenntnisse war das Forschungsteam dazu in der Lage, Vorhersagen zum Krankheitsverlauf der Magersucht zu treffen.
Auffällige Ergebnisse bei Rückfall-Patienten
Hinsichtlich der Gehirnstruktur stellte sich heraus, dass jene Versuchsteilnehmer, die nach einem Jahr rückfällig wurden oder sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befanden, besonders zu auffälligen Hirnveränderungen neigten. Diese machten sich vor allem in Gehirnregionen mit hoher funktioneller Vernetzung bemerkbar. Eine positive Tendenz ließ sich hingegen bei erfolgreich therapierten Personen erkennen: Jene Probanden, die dauerhaft ein gesundes Körpergewicht erreichten, wiesen keine relevanten Anomalien auf.
Effektivere Nachbehandlung in Aussicht
Da die Veränderungen nicht nur auf den BMI zurückgeführt werden konnten, gehen die Forscher von einem Zusammenhang zwischen individueller Therapie, dem Behandlungserfolg und den Nachuntersuchungen aus. Stefan Ehrlich, Leiter des Zentrums für Essstörungen am Uniklinikum Dresden, hofft auf effektive Nachbehandlungsstrategien: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Verständnis dieser anhaltenden multivariaten Gehirnstrukturveränderungen dazu beitragen könnte, personalisierte Interventionen für Patienten nach ihrer Entlassung zu entwickeln.“ Dem Experten zufolge sei es durch den Einsatz der KI möglich, die individuellen Therapiebedürfnisse Betroffener rechtzeitig zu erkennen und basierend darauf geeignete Behandlungsmaßnahmen zu treffen.
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