Schon länger vermuten Experten einen möglichen Zusammenhang zwischen der Gesundheit des Herzens und Einschränkungen im Gehirn. Bisher blieb aber der zugrundeliegende Mechanismus unklar. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) konnte nun nachweisen, wie genau Hirn und Herz zusammenspielen und was die Auswirkungen einer beeinträchtigten Funktion sein können.
Mehrere Millionen Menschen betroffen
Bei genauer Analyse der Studienergebnisse fanden die Forscher des DZNE der Universitätsmedizin Göttingen Hinweise, dass bei beeinträchtigter Herzfunktion in Folge die graue Substanz im Gehirn an Dichte verliert. Das betrifft allein in Deutschland rund vier Millionen Menschen, die von einer Herzinsuffizienz betroffen sind. Dabei ist der Herzmuskel zu schwach, um ausreichend Blut überall in den Körper zu pumpen. In Folge ist das Herz krankhaft vergrößert, körperliche Fitness und Lebensqualität leiden darunter.
Erhöhtes Risiko für Alzheimer
Aber nicht nur Funktionen des Hirns sind beeinträchtigt, auch das Risiko anderer Erkrankungen ist erhöht: „Bei Menschen mit kardiologischen Problemen und insbesondere einer Herzschwäche kann es zu merklichen kognitiven Defiziten und erhöhtem Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung kommen. Mögliche Gründe sind unter anderem die beeinträchtigte Blutversorgung des Gehirns und Störungen des Hippocampus, das ist die Schaltzentrale des Gedächtnisses“, erklärt dazu Professor André Fischer von der Universitätsmedizin Göttingen.
Genaktivität beeinträchtigt
Auch die Genaktivität, die durch das Gehirn gesteuert wird, funktioniert nicht mehr einwandfrei, konnte das Forscherteam herausfinden. Bei der Studie wurde anhand von Mäusen nachgewiesen, dass Herzprobleme eine direkte Auswirkung auf den Hippocampus hatten. Zusätzlich zeigte sich anhand von Gedächtnistests, dass die Versuchstiere mit Herzschwäche schlechter abschnitten als gesunde Artgenossen. Das lag vor allem an den erhöhten Stresssignalen im Körper, die mit der Erkrankung einhergingen. Dadurch veränderte sich auch die Wickelung der DNA, die bei einer Maus an die 20.000 Stück ausmacht. Das beeinträchtigt wiederum die Genaktivität – denn je nachdem wie eng der DNA-Strang gewickelt ist, sind nicht alle Gene für Körperzellen frei zugänglich.
Wickelung der DNA entscheidend
Wird die DNA in eine Zelle verpackt, wird sie dabei stark komprimiert. Ist die Wickelung zu eng, bekommt die Zelle Probleme: „Gene können nur dann aktiv sein, wenn sie der Maschinerie der Zelle zugänglich sind. Dazu muss die DNA an den entsprechenden Stellen etwas lockerer gewickelt sein. Ähnlich wie bei einem Garnknäuel, aus dem Schlaufen herausragen“, sagt Fischer. Nachgewiesen werden konnten vor allem inaktive Gene, die direkt mit dem Hippocampus in Verbindung standen. Schuld daran sind chemische Veränderungen an Eiweißstoffen, sogenannten Histonen, die anhand des veranschaulichten Beispiels als Garnrollen für die DNA dienen würden. Sind diese zu klein, ist auch die Wickelung enger.
Vielversprechende Ansätze für Therapien
Dabei hat die Forschungsgruppe schon seit Längerem einen passenden Wirkstoff gesucht und im Krebsmedikament „Vorinostat“ diesen gefunden. Bei der Anwendung bei den in der Studie verwendeten Mäusen zeigte sich infolgedessen ein Rückgang, was den Gedächtnisschwund anbelangt. Bei Alzheimer soll Vorinostat zukünftig ebenfalls angewendet werden, aktuell wird dieser von den Forschenden im Mäuseexperiment auf dessen Wirksamkeit getestet. Auch lasse sich anhand der bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Demenzerkrankungen bei älteren Menschen mit Herzproblemen zusammenhängen können. Allerdings bleibe weiterhin im Detail unklar, warum genau die Herzinsuffizienz die Genaktivität im Hippocampus stört. Das sei aber Gegenstand zukünftiger Forschung, sowie die Frage, ob vom kranken Herzen Stoffe freigesetzt werden, die auf Histone negativ wirken können.
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