Bei Psilocybin handelt es sich um einen psychoaktiven Wirkstoff, der unter anderem in den bekannten „Magic Mushrooms“ enthalten ist. Abseits von ihrer berauschenden Wirkung erhält die Substanz momentan große Aufmerksamkheit hinsichtlich angeblichen Effekten bei Depressionen und Angstzuständen. Forscher untersuchten nun in einer neuen Studie die tatsächlichen Auswirkungen von Psilocybin auf Patienten, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden.
Ursachen und Auswirkungen der PTBS
Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) handelt es sich um eine psychische Beeinträchtigung, die in Folge eines sehr belastenden Ereignisses auftritt. Sie macht sich bemerkbar durch Symptome wie Flashbacks, Albträume und schwerwiegende Angstzustände. Bleiben die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, verfestigen sie sich meist im Verhalten der Betroffenen. Dies wird als „Angst Extinktion“ bezeichnet. Kurz: Betroffenen fällt es schwer zu lernen, dass harmlose Reize oder Erinnerungen an ihre Traumata keine echte Bedrohung darstellen. Bei ihnen lösen völlig ungefährliche Situationen eine Stressantwort aus.
Einigen Studien zufolge besitzen Personen mit PTBS außerdem einen kleineren Hippocampus als gesunde Menschen. Überhaupt macht es den Eindruck, dass sich dieser Bereich des Gehirns bei Betroffenen weniger leicht verändert und sich schwieriger an gegenwertige Situationen anpasst – die Neuroplastizität ist also eingeschränkt.
Psilocybin als Schlüssel
Die Region des Hippocampus ist wesentlich an der Formation von Erinnerungen und ihrer Speicherung beteiligt, weshalb die Wissenschaftler mit ihrer Studie genau dort ansetzten und die Neuroplastizität im Gehirn der Betroffenen wiederherstellen wollten. Dazu untersuchten sie, ob Psilocybin hilfreich sein kann.
Doch warum eigentlich Psilocybin? Der Wirkstoff gilt im Moment als Durchbruchsmedikament bei der Therapie von Depressionen, die auch bei einer PTBS auftreten können. Außerdem kann die Substanz nachweislich neuronale Nervenzellen zum Wachstum anregen und erlaubt die Ausbildung neuer Synapsen. Daher geht das chinesische Forscherteam davon aus, dass Psilocybin auch bei der Belastungsstörung über eine erhöhte Neuroplastizität eine Verbesserung der Symptome ermöglicht.
Einzeldosis erzielt bereits Erfolg
Laut dem Autor Dr. Wang ist diese Studie die erste, welche die Langzeiteffekte von Psilocybin auf den Prozess der Angst Extinktion untersucht und dabei auch die Veränderung der Neuroplastizität des Hippocampus miteinbezieht. Dazu konditionierten die Forscher Mäuse darauf, auf einen leisen Ton mit Angst zu reagieren. Das Verhalten erzielten sie, indem sie den Mäusen 30 Sekunden einen vermeintlich harmlosen Ton vorspielten und sie danach einem Elektroschock aussetzten.
Nach zwei Tagen verabreichte man der Hälfte der traumatisierten Mäuse eine Einzeldosis Psilocybin. Zusätzlich mussten alle Tiere ein Training zur Reduktion ihrer Angst absolvieren.
Am Ende testeten die Forscher, wie sich die Behandlung auf die kurz- und langfristige Auflösung der Angstzustände auswirkt. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass jene Mäuse, die mit Psilocybin behandelt wurden, signifikant besser mit den Angstzuständen umgehen konnten als die Kontrollgruppe.
Veränderungen im Gehirn durch Traumata
Um den Mechanismus dahinter zu verstehen, untersuchten die Forscher die Gehirne der Mäuse: Die Hippocampi der traumatisierten Tiere, die mit Psilocybin behandelt wurden, waren denen der nicht-traumatisierten Mäuse sehr ähnlich. Hingegen zeigte sich bei traumatisierten und unbehandelten Tieren ein starker Rückgang der Komplexität und Dichte ihrer Gehirnzellen. Psilocybin scheint also die Proteine, die wichtig für die Neuroplastizität und das Erlernen von Extinktion sind, wieder herzustellen.
Für Menschen, die an PTBS leiden, könnte eine Behandlung mit dem Wirkstoff demnach großes Potential bieten. Bis jetzt gibt es nur zwei Medikamente am Markt, die den Patienten helfen – sie erzielen allerdings meist nur einen schwachen Effekt. Die Wissenschaftler sind nun optimistisch, mit Psilocybin eine neue Therapie für Traumata gefunden zu haben und bereiten sich auf weitere klinische Studien vor.
Was meinen Sie?