Die Behandlung von Gehirntumoren stellt für Mediziner oft eine große Herausforderung dar. Die meisten Chemotherapeutika erreichen das Organ nämlich nicht – verantwortlich dafür ist die sogenannte Blut-Hirn-Schranke. Sie schützt unser Gehirn vor chemischen Umwelteinflüssen, allerdings hindert dieser natürliche Filter auch den größten Teil der Medikamente an ihrer Wirkung. Einem Forschungsteam aus den USA ist nun aber ein Durchbruch gelungen: Mittels Ultraschallbehandlung waren sie in der Lage, die Schranke vorübergehend zu öffnen.
Ultraschall öffnet Barriere zum Gehirn
Menschen, die an einer Krebserkrankung des Gehirns leiden, können mit den meisten Chemotherapeutika nicht behandelt werden. Der Filter, der die Flüssigkeiten zwischen Gehirn und Körper trennt, lässt auch die Medikamente nicht passieren. Doch das neue Ultraschall-Verfahren, veröffentlicht im Rahmen einer Studie in der Fachzeitschrift „The Lancet Oncolgy“, kann eine Aufnahme der Arzneimittel ermöglichen.
Die Forscher nutzen dazu ein Gitter, das sie in einem operativen Eingriff in den Schädel der Patienten einbringen. Es besteht aus neun Ultraschallsendern, die bei Bedarf wiederholt aktiviert werden können. Daraufhin erhöht sich die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke vorübergehend und Medikamente können ihren Weg zu den Zielzellen finden. Da die Behandlung nicht invasiv ist und nur vier Minuten in Anspruch nimmt, können Patienten noch am selben Tag wieder entlassen werden.
Verfahren erlaubt Einsatz von besseren Medikamenten
Bei den untersuchten Tumoren handelt es sich um Glioblastome. Sie stellen die häufigste Form der hirneigenen Krebserkrankungen bei erwachsenen Menschen dar. Bis jetzt gab es – abgesehen von operativen Eingriffen – nur ein Medikament zur Therapie. Dieses ist zwar in der Lage die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, dort zeigt es aber nur eine sehr schwache Wirkung. Mit Hilfe des neuen Verfahrens können auch andere Arzneimittel zum Einsatz kommen, die eine deutlich höherer Konzentration erlauben und damit auch einen besseren Effekt erzielen. Besonders zwei Chemotherapeutika haben die Forscher dabei im Blick – Paclitaxel und Carboplatin – die auch bei anderen Krebserkrankungen erfolgreich eingesetzt werden. In früheren Untersuchungen habe man bereits versucht, diese direkt ins Gehirn zu injizieren. Dabei beobachteten die Forschenden allerdings ein verstärktes Auftreten von Gehirnhautentzündungen im Anschluss an die Behandlung.
Die klinische Studie wird nicht nur Krebs-Patienten einen Mehrwert bringen, auch in Bezug auf andere Erkrankungen des Gehirns soll das Verfahren in Zukunft Therapien fördern.
Schranke schließt sich nach einer Stunde
Veranlasst durch die guten Ergebnisse der ersten Untersuchung, ist bereits eine klinische Studie der Phase 2 im Gange. Dabei erhalten Betroffene eine Mischung aus den oben erwähnten Medikamenten, deren Verabreichung durch das Verfahren nun möglich ist. Im Anschluss untersuchen die Forscher, wie sich die Behandlung auf die Lebendsdauer der Patienten auswirkt.
Nebenwirkungen der Methode seien generell eher gering, heißt es – ausschließlich der Zeitraum, in dem die Schranke geöffnet ist, stellt ein Risiko dar. Daher war wichtig zu verstehen, wie lange dieses besteht. Laut den Forschern beträgt der kritische Zeitraum nur zwischen 30 und 60 Minuten. Dann könnten auch andere Stoffe, die eigentlich nicht ins Gehirn gelangen sollten, durch den Filter fließen. Beachtet man dies aber bei der Behandlung der Patienten, so dürften den Wissenschaftlern zufolge keine weiteren Probleme auftreten. Außerdem verhilft diese Erkenntnis zu einer optimalen Abstimmung zwischen dem Zeitpunkt der Medikamentengabe und der Aktivierung des Ultraschalls.
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