Aktuell erkranken immer mehr ältere Menschen an Alzheimer. Die Hintergründe der Krankheit sind bisher noch nicht vollständig geklärt, gewisse Proteinansammlungen im Gehirn sollen jedoch maßgeblich an ihrer Entstehung beteiligt sein. Die Verbreitung dieser Proteine im Gehirn wurde vor Kurzem von Wissenschaftlern der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) unter die Lupe genommen. Diese beobachteten Infektions-ähnliche Muster.
Ausbreitung fehlgefalteter Proteine sorgt für geistigen Verfall
Bei Alzheimer sammeln sich immer mehr fehlgefaltete Amyloid- und Tau-Proteine an, sodass es zu einem zunehmenden geistigen Verfall kommt. Dies erklärte das Forschungsteam der LMU im Rahmen einer Pressemitteilung bezüglich der Studienergebnisse, die kürzlich im Fachjournal „Nature“ vorgestellt wurden. Die Untersuchung hat aufgedeckt, dass sich die Tau-Proteine allem Anschein nach innerhalb miteinander verbundener neuronaler Netzwerke ausbreiten, ähnlich wie es bei einer Infektion der Fall ist.
Alzheimer ist eine der häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und der Hauptgrund für Demenz bei älteren Menschen. Schätzungen zufolge gibt es mittlerweile etwa 44 Millionen Alzheimer-Patienten auf der ganzen Welt. Die Erkrankung geht mit den für sie typischen Gedächtnis- und Orientierungsschwierigkeiten einher, sowie mit Sprach- und Denkstörungen. In vielen Fällen verändert sich auch die Persönlichkeit der Betroffenen plötzlich. Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf können sie ihren Alltag meist nicht mehr eigenständig meistern.
Untersuchungsdetails
Mit dem Fortschritt der Erkrankung werden immer mehr Nervenzellen und Kontaktstellen zwischen Neuronen vernichtet. Dem aktuellen Forschungsstand zufolge fängt Alzheimer allerdings bereits mit der Ansammlung von Beta-Amyloid-Proteinen im Gehirn an, die sich außerhalb der Nervenzellen anlagern. Diese sogenannten „Plaques“ beginnen auch bald sich innerhalb der Nervenzellen anzureichern, was vermutlich für den fortschreitenden Verlauf der Krankheit sorgt.
Je mehr Tau-Proteine sich anlagern, desto schlimmer sind üblicherweise auch die Symptome der Betroffenen. Dies bestätigt Dr. Nicolai Franzmeier vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung in der Pressemitteilung der LMU. Teamleiter Prof. Michael Ewers, Erstautor Dr. Franzmeier und das restliche Forschungsteam analysierten deshalb die Verteilung der Tau-Proteine im Gehirn von Alzheimer-Patienten mithilfe von bildgebenden Verfahren. Bei diesem „tau-PET“ nahmen sie zwei Stichproben mit jeweils 50 Betroffenen und analysierten alle Veränderungen in den Gehirnen der Patienten über eine Periode zwischen ein und zwei Jahren. Darüber hinaus wurde zu Beginn der Studie eine Untersuchung der Gehirne per funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) vorgenommen, damit die funktionelle Verknüpfung von Nervenzellen ermittelt werden konnte.
Verknüpfte Nervenzellen dienen als Ausbreitungspfad
Anhand der Längsschnitt-Daten haben die Forscher ermittelt, ob sich die Ausbreitung der Tau-Proteine im Verlauf mithilfe der Topologie funktioneller Hirnnetze voraussagen lässt. In der Tat wurde eine spezielle Verbreitung entlang miteinander vernetzter Hirnregionen festgestellt. Die Ausbreitung der Tau-Proteine vollzieht sich über zusammenhängende Nervenzellen, an den Synapsen werden sie an andere Neuronen übertragen, ähnlich wie es bei einer ansteckenden Infektion der Fall ist.
Die funktionelle Verbindung zwischen Hirnregionen ist unverzichtbar für mentale Leistung. Eine Vorhersage bezüglich der Ausbreitung von Tau-Proteinen über diese Verknüpfungen könnte für Ärzte hilfreich sein, um eine individuelle Prognose bezüglich des zukünftigen geistigen Verfalls eines Patienten treffen zu können.
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