Mit einem Virus verbinden wir oft Krankheiten und belastende Symptome, die dadurch ausgelöst werden. Doch auch umgekehrt lassen sich Viren als mögliches Heilmittel nutzen. Krebspatienten konnten nun in einer englischen Studie erfolgreich mit einem modifizierten Herpesvirus behandelt werden.
Forscher stellten im September neuen Therapieansatz vor
Viren können mehr als krank machen. Auch als mögliches Medikament lassen sich Viren jedoch nutzen und können Menschen dabei helfen, wieder gesund zu werden. So werden beispielsweise gentechnisch veränderte Herpesviren in der Behandlung gegen Krebs eingesetzt: Forschende des Institute of Cancer Research in London haben im September auf dem ESMO Congress 2022 der European Society for Medical Oncology während der laufenden Studie erste vielversprechende Ergebnisse vorgestellt.
So funktioniert die Herpes-Therapie
Die Therapie basiert auf einer abgeschwächten Form des Herpesvirus. Herpesviren sind in der Bevölkerung äußerst weit verbreitet: Es wird geschätzt, dass bis zu 90 Prozent aller Menschen mit Herpesviren infiziert sind. Der Großteil der Betroffenen bleibt jedoch symptomfrei, denn Herpes bricht nur bei einem geschwächten Immunsystem aus. Bei einem aktiven Krankheitsverlauf zeigen sich Symptome wie allgemeine Grippe-Beschwerden sowie die typischen Herpesbläschen. Bei den für die Krebstherapie verwendeten Herpesviruszellen werden die Gene des Virus, die die Krankheit verursachen, ausgeschaltet und so für die Therapie verwendbar gemacht.
Deutliche Vorteile für Krebspatienten
Die meisten Krebsmedikamente arbeiten systemisch gegen die Erkrankung, wirken also im ganzen Körper. Oft werden dabei auch gesunde Zellen beschädigt und das Immunsystem wird somit deutlich geschwächt. Im Vergleich zu anderen Medikamenten gegen Krebs arbeitet das neue veränderte Herpesvirus gezielt und greift ausschließlich die Krebszellen an. Gesunde Zellen werden bei der Therapie nicht geschädigt, wodurch auch die Nebenwirkungen reduziert werden und nur in leichter Form auftreten.
Die Herpesviren wirken dabei auf zweifache Weise: Zum Einen werden die Tumorzellen zerstört. Die veränderten Herpesviren werden direkt in den Tumor injiziert, vermehren sich dort und zerstören das bösartige Gewebe von innen heraus. Zum Anderen wird das eigene Immunsystem zusätzlich aktiviert, sodass verstärkt Immunzellen gebildet werden. Auf diese Weise sollen auch Krebszellen an ihrem weiteren Wachstum und einer Ausbreitung im Körper gehindert werden. Drei von neun Patienten, die ausschließlich das Medikament mit der Bezeichnung RP2 erhielten, sowie sieben von 30 Patienten, welche sich einer Kombinationsbehandlung unterzogen haben, konnten schließlich von der experimentellen Therapie profitieren.
Die beteiligten Forscher sind zuversichtlich, dass durch diese ersten Studienergebnisse eine neue Behandlungsmöglichkeit gegen den Krebs aufgezeigt wird, insbesondere bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf und auch für Patienten, die zuvor nicht auf gängige Therapien angesprochen haben. 2015 konnte bereits Erfolge mit T-Vec erzielt werden, einer Therapie gegen Hautkrebs im fortgeschrittenen Stadium, die ebenfalls auf Herpesviren basiert. Weitere Studien sollen nun folgen, um die Wirkung bei einer größeren Anzahl von Patienten und bei verschiedenen Arten von Krebserkrankungen zu untersuchen.
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