Um gesundheitlichen Beschwerden entgegenzuwirken, nehmen Millionen Menschen regelmäßig Medikamente zu sich. Obwohl Arzneimittel maßgeblich dazu beitragen Krankheiten einzudämmen, ist bei Hitze dennoch Vorsicht geboten: Laut einer aktuellen Studie erhöht die Einnahme bestimmter Präparate bei zu hohen Temperaturen das Herzinfarktrisiko.
Potenzieller Zusammenhang erforscht
Dass externe Faktoren wie Luftverschmutzung, Hitze oder zu niedrige Außentemperaturen Herzinfarkte begünstigen, ist allgemein bekannt. Inwieweit sich Medikamentenkonsum auf das Herzinfarktrisiko bei hohen Temperaturen auswirkt, galt bislang jedoch als unzureichend erforscht. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, untersuchten Forscher des Helmholtz Munich Institute of Epidemiology in Kooperation mit dem Yale Institute for Global Health Angaben des Herzinfarktregisters Augsburg. Die Mediziner analysierten insgesamt 2.494 Fälle aus dem Jahr 2001 bis 2014.
Medikamenteneinnahme erhöht Herzinfarktrisiko
Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten, die Thrombozytenaggregationshemmer beziehungsweise Betablocker konsumierten, ein erheblich gesteigertes Risiko für nicht-tödliche Herzinfarkte aufwiesen als jene Personen, die diese Arzneimittel nicht einnahmen. Thrombozytenaggregationshemmer sind Pharmazeutika, welche der Verklumpung von Blutplättchen entgegenwirken. Auf diese Art und Weise können Blutgerinnsel in Arterien oftmals verhindert werden. Betablocker kommen vermehrt bei chronischer Herzschwäche zum Einsatz, um den Blutdruck zu senken.
Effekt bei Hitze besonders ausgeprägt
Die Resultate lassen darauf schließen, dass sich das Risiko für nicht-tödliche Herzinfarkte bei Patienten unter Medikamenteneinfluss insbesondere an heißen Tagen signifikant erhöht. Der Konsum von Thrombozytenaggregationshemmern wurde folglich mit einem um 63 Prozent erhöhten Herzinfarktrisiko assoziiert, während die Einnahme von Betablockern das Risiko um 65 Prozent steigerte. Jene Probanden, welche beide Medikamente regelmäßig einnahmen, wiesen ein um 75 Prozent erhöhtes Risiko auf.
Kausalität nicht belegt
Die vorliegenden Ergebnisse der Experten belegen keine Kausalität zwischen erhöhten Temperaturen und Herzinfarkten. Basierend auf der erfolgten Datenanalyse vermuten die Forscher jedoch, dass die Medikamenteneinnahme die körpereigene Thermoregulation beeinträchtige. Infolgedessen bestehe das Risiko, dass Patienten unter Medikamenteneinfluss sensibler auf hohe Temperaturen reagieren und somit häufiger an hitzeinduzierten Beschwerden leiden. Die Mediziner schließen allerdings auch nicht aus, dass die zugrunde liegende Herzerkrankung sowohl die Einnahme der Medikamente als auch die erhöhte Hitzesensibilität erklärt. Da der Risikoanstieg jedoch primär in der an sich gesünderen und jüngeren Probandengruppe dokumentiert wurde, kann diese Hypothese als zweifelhaft betrachtet werden. Abgesehen von der Einnahme cholesterinsenkender Mittel wurde bei keinen anderen Arzneimitteln gegen Herzerkrankungen ein Risikoanstieg bezüglich hitzebedingter Herzinfarkte festgestellt.
Umfangreichere Forschung erforderlich
„Die Ergebnisse legen nahe, dass Herzinfarkte mit fortschreitendem Klimawandel und damit verbundenen häufigeren heißen und sehr heißen Tagen zu einer größeren Gefahr für Patienten mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden können“, erläutert die Forschungsgruppenleiterin Dr. Alexandra Schneider. Aufgrund dessen sei es vor allem für Risikopersonen empfehlenswert, sich während Hitzewellen vorwiegend im Kühlen aufzuhalten. Trotz der aufschlussreichen Forschungsergebnisse bleiben noch viele Fragen offen. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen Arzneimitteln, Thermoregulation und hitzebedingter Beschwerden bedürfe noch weiterer Untersuchungen. Tiefergehende Forschung in diesem Bereich würde es Ärzten ermöglichen die Medikation ihrer Patienten rechtzeitig an Hitzewellen zu adaptieren.
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