Bereits seit mehreren Jahrzehnten gelten Cranberrys und vor allem ihr Saft als erfolgreiches Hausmittel gegen Harnwegsinfektionen. Dass ihre Wirkung allerdings über einen Placebo-Effekt hinaus geht, konnte bisher nicht wissenschaftlich bestätigt werden. Tatsächlich fand aber eine neue Meta-Analyse heraus: die präventive Anwendung der Beeren kann Blasenentzündung vorbeugen. Die internationale Untersuchung hat gezeigt, dass Cranberry-Saft oder ähnliche Nahrungsergänzungsmittel das Krankheitsrisiko um bis zu 50 Prozent reduzieren.
Präventive Wirkung bestätigt
Cranberrys verfügen über einen besonderen Inhaltsstoff: Proanthocyanidine. Dieser Wirkstoff kann die Bakterienart Escherichia Coli (E. Coli) – welche verantwortlich für die meisten Blaseninfektionen ist – daran hindern, an die Innenwand der Blase zu binden. Stattdessen werden die Erreger über den Urin einfach wieder ausgespült.
Allerdings konnte in vergangenen Auflagen der Cochrane-Reviews keine Evidenzlage für die Prävention von Harnwegsinfektionen festgestellt werden. Doch mit der neuen und fünften Ausgabe ändert sich dieser Sachverhalt: Die Analyse ergab, dass die Einnahme von Proanthocyanidinen bei Frauen das wiederholte Auftreten der Infektionen reduziert. Auch bei Kindern sowie Personen, die durch medizinische Behandlungen anfälliger für Blasenentzündungen sind, hat der Wirkstoff einen nachweislichen Effekt. Nur selten kommt es durch das Hausmittel zu milden Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen. Abgesehen davon scheint der Wirkstoff keine negativen Begleiterscheinungen mit sich zu bringen.
Cranberry-Präparate tatsächlich wirksam
In die überarbeitete Analyse flossen 26 neue Studien mit ein und ergeben damit eine Gesamtzahl von 50 Untersuchungen. Damit wurden die Erfahrungen von insgesamt 8.857 Probanden miteinbezogen. In 45 der Studien wurde die Einnahme von Cranberry-Präparaten mit einer Nicht-Einnahme oder einem Placebo-Präparat in Hinblick auf das Auftreten von Harnwegsinfektionen verglichen. 26 dieser Untersuchungen involvierten zusätzlich einen Nachweis der uropathogenen E. Coli (UPEC) Bakterien im Labor – folglich war der Beleg für eine Infektion gegeben.
Insgesamt reduzierte die Einnahme von Proanthocyanidinen das Auftreten der Symptome zwar nur moderat, unterteilt man die Probanden aber in unterschiedliche Gruppen, so findet sich der größte Rückgang bei Kindern mit etwa 50 Prozent weniger Infektionen. Auch Personen, die durch medizinische Eingriffe ein erhöhtes Risiko für die Infektion mit UPEC aufweisen, können die Gefahr durch die Einnahme des Wirkstoffs um fast die Hälfte senken.
Offene Fragen zur Wirksamkeit
Eine nur schwache Evidenz für eine Reduktion des Risikos wurde bei älteren Männern und Frauen sowie Schwangeren festgestellt. Für diese Personen empfiehlt die Arbeitsgruppe den zusätzlichen Konsum der Nahrungsergänzungsmittel nicht. Außerdem verglich man in zwei der analysierten Studien die Einnahme von Proanthocyanidinen mit der von Antibiotika – in Bezug auf den Schweregrad der Infektionen wurde dabei kaum ein Unterschied festgestellt. Es ist auch unklar, ob die Art der Einnahme in Form von Tabletten oder Saft den Effekt beeinflussen kann. Genauso geht aus der Analyse keine genaue Angabe für die Menge an Proanthocyanidinen hervor, die vorbeugend wirkt.
Abschließend meint der Studienautor: „In den früheren Versionen dieser Übersichts-Arbeit gab es nicht genug Evidenz, um die Wirksamkeit der Cranberry-Produkte zu bestimmen – das ändert sich mit der jetzigen Studienlage.“ Die Menge an Daten bringt ein neues Ergebnis. Trotzdem sollen weitere Studien zu dem Thema durchgeführt werden, um mehr Gewissheit zu schaffen, welche Personen unter welchen Umständen von der Einnahme der Proanthocyanidine profitieren.
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