Viele Diabetespatienten leiden unter schmerzhaften Fußgeschwüren, die durch chronischen Sauerstoffmangel hervorgerufen werden. Um die chronischen Beschwerden zu lindern, entwickelte ein amerikanisches Forschungsteam ein besonderes Hydrogel, das die natürliche Regulation des Gewebes begünstigen sollte.
Hydrogel beschleunigt Heilprozesse
Experten der amerikanischen Washington University kreierten ein spezielles Hydrogel, das Heilungsprozesse mittels Sauerstoffzufuhr vorantreiben soll. Der Sauerstoff übernimmt bei der Wundbehandlung zwei zentrale Funktionen: Er fördert die Struktur bereits bestehender Hautzellen unter den sauerstoffarmen Umständen der diabetischen Verletzung und stimuliert darüber hinaus die Produktion von Wachstumsfaktoren, die zur Wundheilung beitragen.
Erhöhter Sauerstoffbedarf
Jegliches Gewebe im Körper benötigt ausreichend Sauerstoff, um die Energieversorgung der Zellen sicherzustellen. Im Fall einer Verletzung erhöht sich dieser Bedarf, da für den Heilungsprozess mehr Energie beansprucht wird. Therapieansätze auf Sauerstoffbasis etablierten sich auch schon in der Diabetologie. Die gängigste Methode stellt die Behandlung in einer sogenannten hyperbaren Sauerstoffkammer dar. Bei diesem Therapiemodell besteht jedoch die Gefahr einer Sauerstoffvergiftung, welche sich unter anderem durch Muskelzuckungen, eine abgeflachte Atmung sowie Schwindel bemerkbar macht.
Vielversprechende Ergebnisse
Das neu entwickelte Präparat ist mit speziellen Mikrokügelchen ausgestattet, die eine regulierte Sauerstoffversorgung garantieren. Diese Kugeln treten mit einem Enzym auf der Außenseite der Hautzellen in Kontakt, wodurch der Inhalt der Kügelchen zu Sauerstoff transformiert wird. Auf diese Art und Weise wird der Verwundung über einen Zeitraum von zwei Wochen Sauerstoff zugeführt – sowohl Schwellungen als auch Entzündungen können dadurch maßgeblich verringert werden. Um sowohl Verträglichkeit als auch Effektivität näher zu erforschen, testeten die Forscher das Produkt vorerst an Mäusen. Die Experimente belegen, dass die Wunden durch die Anwendung des sauerstoffemittierenden Pharmazeutikums schneller verheilen als durch anderwärtige Gele oder Nichtbehandlung.
Temperatur beeinflusst Konsistenz
Die Mediziner investierten insgesamt 14 Jahre in die Entwicklung dieses multifunktionalen Präparats. Mittlerweile verfügt das Gel über fast 70 verschiedene Funktionsmechanismen und chemische Strukturen. „Das Gel ist flüssig, bevor wir es in das Hautgewebe einbringen, sodass sich die Mikrokügelchen leicht einmischen lassen. Sobald wir das Gemisch aus Gel und Mikrokugeln in die Wunde geben, wird es zu einem Feststoff, da es temperaturabhängig ist – bei niedrigen Temperaturen ist es flüssig, bei Körpertemperatur ist es ein Feststoff“, erläutert Professor Jianjun Guan.
Potenzielle Risiken überwunden
Trotz der zahlreichen Vorteile ist der Einsatz von sauerstoffbasierten Arzneimitteln normalerweise mit Risiken verbunden. Wird der Blessur zu viel Sauerstoff zugeführt, bilden sich sogenannte reaktive Sauerstoffspezis. In erhöhter Konzentration sind die Moleküle dazu in der Lage, Zellen ernsthaft zu beschädigen oder sogar zu eliminieren. Dank dem neuen Medizinprodukt können schädliche Partikel jedoch unkompliziert abgefangen werden, wodurch jegliches Risiko aus dem Weg geräumt wird. Als nächsten Schritt intendiert das Expertenteam ihr Produkt in einer groß angelegten Tierstudie näher zu erforschen, damit in weiterer Folge auch klinische Studien am Menschen ermöglicht werden. „Dies ist ein neuer therapeutischer Ansatz, um die Heilung chronischer diabetischer Wunden ohne Medikamente zu beschleunigen“, ergänzt Guan. Der Mediziner vermutet, dass das innovative Mittel auch bei anderen Krankheiten, bei denen Sauerstoffmangel vorherrscht, eine gesundheitsfördernde Wirkung entfalten könnte.
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