Beeinträchtigungen der Sensorik, wie zum Beispiel Seh- und Hörprobleme, stehen bei älteren Menschen mit einem erhöhten Demenzrisiko in Zusammenhang. Sieht und hört man gleichzeitig schlecht, steigt das Risiko noch einmal erheblich an.
Nachlassende Seh- und Hörfähigkeit kann auf Demenzrisiko hinweisen
Während der diesjährigen Alzheimer Association International Conference (AAIC) in Los Angeles erregten zwei Studien aufsehen, denen zufolge Hör- und Sehprobleme bei älteren Erwachsenen mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Demenz in Verbindung stehen.
Die Forschungsarbeit der University of Washington School of Public Health konnte aufzeigen, dass eine beeinträchtigte Seh- oder Hörfähigkeit die Wahrscheinlichkeit der Demenzentwicklung erhöht, sowie eine Beeinträchtigung beider Sinne dieses Risiko noch mehr verstärkt. Wissenschaftler der University of California in San Francisco nahmen sich den kombinierten Effekten von Geruchs-, Hör-, Seh- und Tastsinn an. Sie fanden heraus, dass sogar leichte Beeinträchtigungen in mehreren Aspekten mit einem erhöhten Risiko für Demenz und kognitiven Verfall in Zusammenhang stehen.
Bereits minimale Beeinträchtigungen haben Auswirkungen
Selbst sehr milde sensorische Beeinträchtigungen sind den Forschungsergebnissen zufolge mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden. Dies ist speziell der Fall, wenn mehrere gleichzeitig auftreten. Es gilt nun weitere Untersuchungen durchzuführen, um diese ersten Erkenntnisse zu bestätigen und zu klären, ob eine Korrektur der Beeinträchtigungen in der Lage ist das Demenzrisiko wiederum zu reduzieren. In der Vergangenheit haben einige Studien bereits ergeben, dass nachlassende sensorische Fähigkeiten das Risiko für Demenz vergrößern. Über den Einfluss von synchron vorhandenen Beeinträchtigungen war bisher jedoch nur wenig bekannt.
Set an sensorischen Störungen vergrößert das Risiko immens
Um ein besseres Verständnis für den Einfluss einer doppelten sensorischen Beeinträchtigung auf die Entstehung von Demenz zu erlangen, haben sich Wissenschaftler der University of Washington mit dem Zusammenhang zwischen Seh- und Hörbehinderungen und dem Demenzrisiko bei 2.051 Personen im Alter von 75 Jahren oder älter beschäftigt. Dabei stellte sich heraus, dass ein beeinträchtigtes Seh- oder Hörvermögen die Wahrscheinlichkeit an Demenz zu erkranken um elf Prozent erhöht. Speziell für die Form Alzheimer wird das Risiko um zehn Prozent gesteigert.
Liegen Seh- und Hörstörungen gleichzeitig vor, so vergrößert sich das allgemeine Demenzrisiko um stolze 86 Prozent, sowie das Alzheimerrisiko um 112 Prozent. Ist mehr als ein Sinn gestört, scheint dies die Erkrankungswahrscheinlichkeit signifikant zu erhöhen. Die neuen Erkenntnisse können dabei helfen, ältere Menschen mit einem hohen Demenzrisiko zu identifizieren und entsprechend zu behandeln. Bereits leichte multisensorische Behinderungen gehen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für Demenz und kognitiven Verfall einher.
Zweite Forschungsarbeit lieferte bereits Bestätigungen
Die Untersuchung der University of California bezog 1.810 amerikanische Bürger zwischen 70 und 79 Jahren aus der „Health, Ageing and Body Composition Study“ mit ein, die zum Zeitpunkt der damaligen Studie nicht an Demenz erkrankt waren. Die beteiligten Forscher nahmen eine Bewertung von Seh-, Hör-, Riech- und Tastsinn der Probanden vor, um zusammenfassende und individuelle multisensorische Funktionseinschätzungen zu erarbeiten.
Dabei erkannten die Wissenschaftler, dass die Teilnehmer mit niedrigen Werten bei ihren sensorischen Funktionen ein stark erhöhtes Risiko für Demenz und kognitiven Verfall aufwiesen. In der Gegenüberstellung war das Demenzrisiko der Probanden im niedrigsten Bewertungsviertel fast siebenfach höher als das der Probanden im höchsten Bewertungsviertel. Eine Differenz von vier Punkten bedeutete bei einer Maximalanzahl von 12 Punkten ein 68 Prozent höheres Erkrankungsrisiko.
Behandlung scheint möglich
Die Studienresultate weisen darauf hin, dass eine Feststellung von nachlassenden multisensorischen Funktionen dabei helfen kann, Menschen mit einem hohen Demenzrisiko zu identifizieren. Sensorische Fähigkeiten können bei medizinischen Routineuntersuchungen anhand von nicht-invasiven oder minimal-invasiven Tests einfach gemessen werden. Daneben können einige Arten von Seh- und Hörverlust behandelt oder sogar korrigiert werden. Dadurch entstehen potenzielle Interventionsoptionen im Kampf gegen Demenz.
Es muss allerdings noch genauer erforscht werden, ob die Therapie oder Prävention von sensorischen Störungen das Demenzrisiko tatsächlich reduzieren kann. Die Ergebnisse der beiden Studien belegen, dass sensorische Behinderungen, vor allem mehrfache, in direktem Zusammenhang mit einem erhöhten Demenzrisiko stehen. Vor allem Alzheimer sticht dabei heraus. Die Untersuchungen zeigen, dass der Beurteilung von sensorischen Fähigkeiten durch Experten eine essenzielle Stellung bei der Diagnose und Betreuung älterer Patienten zukommt – vor allem bei Menschen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko.
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