Einige Risikofaktoren, die die Schwere einer Covid-Infektion beeinflussen können, sind bereits bekannt. Nun konnten Forscher ein weiteres Indiz finden, das den Krankheitsverlauf möglicherweise voraussagen kann: Der Immunbotenstoff Interleukin-3.
Mechanismen für einen schweren Covid-Verlauf sind weitgehend unbekannt
Ein hohes Alter, Übergewicht, oder Diabetes – es gibt einige Indizien, die darauf hinweisen können, dass ein schwerer Krankheitsverlauf wahrscheinlich ist. Aber auch Menschen ohne offensichtliche Vorerkrankung können so schwer erkranken, dass sie stationär behandelt werden müssen oder sogar an der Erkrankung versterben. Bisher war ungewiss, was die fehlende Komponente war, die den Krankheitsverlauf so signifikant beeinflussen kann. Das Ergebnis einer Untersuchung unter der Beteiligung von Forschenden der chirurgischen Klinik des deutschen Universitätsklinikums Erlangen zeigt nun, dass ein neu identifizierter Biomarker scheinbar dazu verwendet werden kann, die schweren Krankheitsverläufe von COVID-19 vorherzusagen. Er könnte in Zukunft vielleicht sogar zu neuen Behandlungen führen.
Mit Interleukin-3 Vorhersagungen über Krankheitsverlauf treffen
Dem Forschungsteam um Dr. Georg Weber und Dr. Alan Bénardaus von der chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen ist es gelungen, einen möglichen Frühindikator zu finden, der Krankheitsverläufe vorhersagen könnte. Durch den Immunbotenstoff mit der Bezeichnung Interleukin-3 (IL-3) lässt sich einschätzen, ob eine Infektion mit dem Coronavirus schwer oder mild verlaufen wird, berichten die Fachleute. „Insbesondere ein niedriger IL-3-Plasmaspiegel ist mit einem erhöhten Schweregrad, einer erhöhten Viruslast und einer erhöhten Sterblichkeit während einer SARS-CoV-2-Infektion assoziiert“, so die Experten. Somit spielt Interleukin-3 für die Organisation der Immunantwort des Körpers eine wichtige Rolle. Es regt bei einer Entzündung im betroffenen Bereich die Zellen dazu an, das Protein CXCL12 zu bilden. Der Einfluss von Interleukin-3 könnte erklären, warum auch jüngere Menschen und Personen ohne bestimmte Vorerkrankungen schwer an COVID-19 erkranken können. Es ist möglich, dass Menschen, die normalerweise keiner Risikogruppe zuzuordnen sind, nur wenig Interleukin-3 im Blut aufweisen.
Neue Immuntherapie in Aussicht
In einem Modell der pulmonalen HSV-1-Infektion mit Mäusen reduzierte die Behandlung mit rekombinantem IL-3 sowohl die Viruslast als auch die Mortalität. Durch eine Förderung der Rekrutierung von plasmazytoiden dendritischen Zellen in die Atemwege erhöhe IL-3 die angeborene antivirale Immunität. Dafür stimuliert IL-3 die CXCL12-Sekretion von pulmonalen CD123+ Epithelzellen, sowohl bei Mäusen, als auch bei nicht an COVID-19 erkrankten Menschen mit Lungenerkrankungen. Insgesamt bildet IL-3 einen guten prädiktiven Krankheitsmarker für SARS-CoV-2-Infektionen und IL-3 könne auch ein potenzielles therapeutisches Ziel für pulmonäre Virusinfektionen sein.
Interleukin-3 ist in der Lage, die Immunabwehr des Körper massiv zu erhöhen. Dafür veranlasst das Protein die sogenannten plasmazytoiden dendritischen Zellen, welche normalerweise in der Blutbahn zirkulieren, in den betroffenen Bereich zu wandern, wo sie die Krankheitserreger bei ihrer Vermehrung einschränken. Die neuen Erkenntnisse könnten in Zukunft dazu beitragen, dass besonders bei Menschen mit nur wenig Interleukin-3 im Blut frühzeitig wichtige Schritte für eine effektive Behandlung unternommen werden. Es könnte nach Ansicht der Fachleute sogar möglich sein, mithilfe von Interleukin-3 eine Immuntherapie zu entwickeln, bei der die Lunge durch Inhalation vor dem Befall durch Viren geschützt wird.
Was meinen Sie?