Patienten mit schwerem Covid-19-Verlauf haben offenbar ein größeres Risiko später an psychiatrischen Erkrankungen zu leiden. Dies stellten englische Wissenschaftler des University College London und des King’s College London kürzlich anhand einer Meta-Analyse fest.
Gravierende Folgen für die Psyche
Personen, die auf Grund einer Infektion mit dem Erreger SARS-CoV-2 in einem Krankenhaus behandelt und maschinell beatmet wurden, leiden der aktuellen Untersuchung zufolge nach der Genesung oftmals an psychiatrischen Problemen. Die Studienergebnisse wurden vor Kurzem in dem renommierten Fachblatt „The Lancet Psychiatry“ veröffentlicht.
Laut Dr. Jonathan Rogers, einem der Studienautoren, fokussierte sich das Forschungsteam speziell auf die potenziellen Gefahren für die psychische Gesundheit, die mit einer Coronavirusinfektion in einem Krankenhaus einhergehen. Darüber hinaus widmeten sie sich der Frage, wie psychiatrische Erkrankungen die Prognose beeinflussen oder es Menschen nicht erlauben nach ihrer Regeneration in ihren Alltag zurückzufinden.
Störungen sind vielfältig
Die Forscher stellten fest, dass einer von vier Covid-19-Patienten während dem Krankenhausaufenthalt ein Delirium erleidet. Dabei handelt es sich um einen Zustand geistiger Verwirrtheit mit Störungen des Bewusstseins und des Denkvermögens. Die bekannte Komplikation kann das Sterberisiko erhöhen und den Krankenhausaufenthalt verlängern.
Untersuchungen der zu SARS-CoV-2 ähnlichen Viren SARS-CoV-1 und MERS legten bereits offen, dass es zu psychiatrischen Langzeitfolgen nach der Infektion kommen kann. Unter anderem können Angstzustände, Depressionen, chronische Müdigkeit oder eine posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) auftreten.
Dies könnte auch bei Covid-19 der Fall sein. Dr. Rogers zufolge wird die Mehrheit der Covid-19-Patienten jedoch keine psychischen Störungen davontragen, auch solche mit schwerem Verlauf nicht. Er betonte allerdings, dass die weltweiten Folgen für die psychische Gesundheit auf Grund der vielen Erkrankten generell enorm sein könnten.
Psychiatrische Probleme bei SARS und MERS
In die aktuelle Untersuchung flossen 65 Studien und sieben nicht begutachtete Vorabdrucke mit ein. Dabei stellte sich heraus, dass annähernd einer von drei Menschen, der mit SARS oder MERS in ein Krankenhaus eingewiesen wurde, innerhalb der folgenden drei Jahre eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelte. Dies war speziell dann der Fall, wenn es chronische körperliche Probleme gab.
Darüber hinaus erlitten viele Patienten Angstzustände und Depressionen. Dies war bei etwa 15 Prozent der schweren Erkrankungen der Fall. Bei über 15 Prozent kam es zu anderen Beschwerden wie chronischer Müdigkeit, Schlafproblemen, Stimmungsschwankungen, Konzentrations- oder Gedächtnisschwierigkeiten.
In der Zeit im Krankenhaus durchlebten zahlreiche schwere Covid-19-Fälle ein Delirium mit Unruhe, Verwirrtheit oder Bewusstseinsstörungen. Auch bei SARS und MERS kam es zu solchen Symptomen und lieferten somit ein erstes Anzeichen für potenzielle psychiatrische Folgeerkrankungen.
Wie chronische Schmerzen und psychische Probleme miteinander zusammenhängen können, erfahren Sie hier:
Risikogruppe für Spätfolgen
Die Studie konnte auch einige Risikofaktoren aufdecken, die zu einer schlechteren Prognose der psychischen Gesundheit führen. Sorgenvolle Patienten wiesen ein erhöhtes Risiko für spätere psychiatrische Störungen auf. Eine zufriedenstellende körperliche Regeneration führte wiederum langfristig zu einer guten psychischen Verfassung.
Während der Großteil der Personen mit Covid-19 keine psychiatrischen Probleme bekommen wird, muss jedoch trotzdem untersucht werden, welche Faktoren bleibende psychische Gesundheitsstörungen hervorrufen können. Nur so können Interventionen zur Prävention und Therapie entwickelt werden. Dieses Fazit zog Professor Anthony David, Studienhauptautor, aus den neuen Erkenntnissen.
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