Laut Untersuchungen eines amerikanischen Forschungsteams könnte das Übertragungsrisiko des SARS-CoV-2-Virus auf öffentlichen Toiletten erhöht sein. Nicht nur die von Menschen ausgeatmeten Aerosole können hier ein Problem darstellen. Auch bei der Spülung der Toiletten und Urinale ist es möglich, dass zusätzliche Aerosole entstehen, die Coronaviren enthalten können. Die Bedenken der Forschenden und ihre Ergebnisse wurden vor Kurzem in Fachjournal „Physics of Fluids“ veröffentlicht.
Große Aerosolmengen in Toilettenspülungen
Das Forschungsteam der Florida Atlantic University aus den USA entdeckte, dass bei der Spülung von Toiletten bedenkliche Mengen an Aerosolen abgegeben werden. Diese können sich zudem über einen längeren Zeitraum in der Luft aufhalten. Die Forschenden stellten die Vermutung auf, dass diese Aerosole die Übertragung von dem Virus SARS-CoV-2 unterstützen könnten. Der Grund dafür ist, dass das Virus bereits in Stuhl- und Urinproben nachgewiesen wurde. Durch eine Betätigung der Spülung kann diese je nach Design der Toilette, Wasserdruck oder Spülleistung große Mengen an mikrobenhaltigen Aerosolen bilden. Im stehenden Wasser öffentlicher Toiletten und Urinalen können sich viele Krankheitserreger befinden. Diese stammen aus dem Urin, den Fäkalien oder dem Erbrochenen der Personen, die vorher die Toilette benutzt haben. Da in früheren Untersuchungen bereits nachgewiesen wurde, dass lebensfähige Coronaviren in Urin- und Stuhlproben existieren, ist es möglich, dass sich diese in den Toiletten absetzen.
Erhöhtes Übertragungsrisiko auf öffentlichen Toiletten?
Öffentliche Toiletten gelten meist als relativ beengt, stark frequentiert und nicht ausreichend belüftet. Hinzu kommt, dass Covid-19 hauptsächlich über Aerosole übertragen wird. Diese Faktoren und die starke Aerosolbelastung in den öffentlichen Räumen können laut den Forschenden dazu führen, dass dort ein erhöhtes Infektionsrisiko herrscht. Die bei der Spülung erzeugten Aerosole könnten die Ansteckungsgefahr zusätzlich fördern. Deshalb schätzt das Forschungsteam das Übertragungsrisiko des Virus hier als „besonders besorgniserregend“ ein.
Toiletten ohne Deckel gelten als besonders aerosolhaltig
Mit Hilfe eines Partikelzählers, der in verschiedenen Höhen im Toilettenraum angebracht wurde, untersuchten die Wissenschaftler das Tröpfchenvorkommen bei einer Toilette unter normalen Lüftungsbedingungen. So konnten die Größe und die Anzahl der Tröpfchen, die bei der Betätigung der Spülung entstehen, gemessen werden. Hierbei stellten die Forschenden fest, dass bei einer Toilette ohne Deckel besonders viele Aerosole freigesetzt werden. Dies gilt genauso für eine Toilette, bei der der Deckel während des Spülvorgangs nicht geschlossen ist. Auch die Belüftung des Raumes spielt eine Rolle. Der hier untersuchte Raum wurde nicht ausreichend belüftet.
Hohe Frequentierung als Faktor für erhöhten Aerosolgehalt
„Nach etwa drei Stunden Tests mit mehr als 100 Spülungen stellten wir einen erheblichen Anstieg der gemessenen Aerosolwerte in der Umgebung fest, wobei die Gesamtzahl der bei jedem Spülversuch erzeugten Tröpfchen in die Zehntausende ging“, so Siddhartha Verma aus dem Studienteam. Die hohe Anzahl dieser Tröpfchen stelle ein beträchtliches Infektionsrisiko dar, wenn infektiöse Mikroorganismen darin enthalten sind, betont der Wissenschaftler. Weil diese Tröpfchen kleiner als drei Mikrometer sind, können sie über einen langen Zeitraum in der Luft schweben. Dieser Umstand erhöht das Übertragungsrisiko des Covid-19-Virus erheblich. Ein weiteres Mitglied des Teams, Masoud Jahandar Lashak, fügt hinzu: „Die signifikante Anhäufung von durch die Spülung erzeugten Aerosolen im Laufe der Zeit deutet darauf hin, dass das Belüftungssystem nicht effektiv war, um sie aus dem geschlossenen Raum zu entfernen, obwohl die untersuchte Toilette durchschnittlich gut belüftet war“. Die Aerosole könnten durch Luftwirbelungen auf Kopfhöhe gelangen und somit eingeatmet werden.
Bessere Belüftung gefordert
Da von der schlechten Belüftung der öffentlichen Toiletten eine erhöhte Übertragungsgefahr von Mikroben, die möglicherweise das Virus tragen, ausgeht, fordern die Wissenschaftler nun bessere Belüftungssysteme. „Die Studie legt nahe, dass die Einbeziehung einer angemessenen Belüftung in das Design und den Betrieb von öffentlichen Räumen dazu beitragen würde, die Ansammlung von Aerosolen in stark frequentierten Bereichen wie öffentlichen Toiletten zu verhindern“, fügt Manhar Dhanak aus dem Forschungsteam hinzu.
Studienergebnisse sind eingeschränkt
Da in der beschriebenen Studie noch nicht untersucht wurde, ob von Toiletten freigesetzte Aerosole tatsächlich infektiöse Viren des Typ SARS-CoV-2 enthalten können, sind die Ergebnisse noch nicht eindeutig. Hierbei ging es ausschließlich um die Aerosol-Freisetzung durch die Betätigung einer Toilettenspülung. Die Frage, ob sich dabei Krankheiten oder sogar die gefährliche Variante des Coronavirus übertragen, bleibt offen. Jedoch können die dargestellten Erkenntnisse auch für andere infektiöse Erreger, wie zum Beispiel die des Ebola– oder Norovirus, gelten.
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