Der Sommer steht vor der Tür und kurze Hosen, Kleider, Bikini und Co. finden wieder ihren Platz im Kleiderschrank vieler Frauen. In der heißen Jahreszeit Bein zu zeigen stellt für viele jedoch ein Problem dar – darunter auch für Frauen, die vom sogenannten Lipödem betroffen sind. Dieses ist von außen schnell erkennbar, da es Beine und teils auch Arme in die Breite wachsen lässt sowie sichtbare Dellen und Beulen verursacht. Da das Lipödem zum Teil hormonell bedingt ist, sind fast ausschließlich Frauen davon betroffen.
Unkontrollierbare Fettablagerungen
Unter einem Lipödem versteht man eine unkontrollierbare Fettablagerung im Körper. Diese Ablagerung ist vor allem in den Beinen und im schlimmsten Fall (auch) in den Armen vorhanden. Die Erkrankung kann dazu führen, dass Personen unter dem sogenannten „Two-Body-Syndrom“ leiden, was bedeutet, dass sie für den Oberkörper mehrere Konfektionsgrößen kleinere Kleidung kaufen müssen als für den Unterkörper – und Ober- und Unterkörper folglich nicht zusammenpassen zu scheinen. Die Bildung von Lipödemen wird auch Allen-Hines-Syndrom genannt. Man geht davon aus, dass die Störung der Fettverteilung genetisch bedingt ist und keine beeinflussbaren Ursachen hinzukommen. Es sind primär Frauen nach der Pubertät und/oder Schwangerschaft betroffen, weswegen Hormone vermutlich maßgeblich zur Entstehung von Lipödemen beitragen. Die unregelmäßige Fettverteilung ist allerdings nicht nur hormonell und/oder genetisch bedingt, sondern steht zudem in Zusammenhang mit Übergewicht, einer mangelhaften Bewegung und einer ungesunden Ernährung. Diese Risikofaktoren beschleunigen das Fortschreiten der Erkrankung.
Die verschiedenen Stadien des Lipödems:
- Stadium 1: gleichmäßige Fettverteilung bei glatter Haut, feinkörnig (Orangenhaut), verdickt und weich
- Stadium 2: Unebenheiten der Haut, grobkörnig mit sichtbaren Dellen; das Unterhautgewebe ist verdickt, aber noch weich
- Stadium 3: starke Fettgeschwülste im Knie-/Oberschenkelbereich bis zu den Knöcheln reichend, hart und sehr schmerzempfindlich
- Stadium 4: ein zusätzlich manifestiertes Lymphödem
Die Ausprägungen der Fettablagerungen werden unterschiedlich kategorisiert und in vier Typen gegliedert:
- Typ 1: Ausgeprägte Fettansammlungen sind an Hüften und Gesäß erkennbar
- Typ 2: es kommt an den Oberschenkeln zu einer Fettgewebsansammlung
- Typ 3: Unter- und Oberschenkel sind gleichermaßen betroffen
- Typ 4: auch an den Armen vermehrt sich das Fettgewebe
- Typ 5: Lipo-Lymphödeme bilden sich
Die Erkrankung ist grundsätzlich fortschreitend, es muss allerdings nicht unbedingt zu einer Verschlimmerung kommen. Im Zuge der Erkrankung kann es jedoch immer wieder zu Wasser- bzw. Lymphablagerungen in Beinen und/oder Armen kommen, welche Ödeme oder Lymphödeme genannt werden. Lymphödeme können im Gegensatz zu Lipödemen eher gesundheitsschädlich sein. Die Zellzwischenflüssigkeit wird von den Lymphbahnen nicht mehr richtig abtransportiert und es kommt zu Schwellungen an den betroffenen Stellen. Es kann passieren, dass diese Schwellungen Blutgefäße abdrücken, was eine Thrombose zur Folge hat. Dadurch wird der Blutkreislauf zum Herzen und durch den Körper gestört. Eine Thrombose muss schnell stationär behandelt werden. Die Behandlung erfolgt meistens durch Medikamente, einer Kompressionstherapie oder im schlimmsten Fall durch eine Operation.
Bei einer Kombination von Lip- und Lymphödem spricht man vom Typ 5 Lipo-Lymphödem.
Beschwerdebild Lipödem
Jede Art von Ödem ist schmerzhaft, denn es führt zu einem Schweregefühl der betroffenen Stelle sowie zu Druckempfindlichkeit, Hautirritationen und zur schnelleren Bildung von Hämatomen, also blauen Flecken. Bei Lymphödemen hilft die konservative Behandlung mittels Lymphdrainage, das Tragen von Kompressionsstrümpfen kann ebenfalls Abhilfe schaffen.
Darüber hinaus stellt die Erkrankung für viele Betroffene eine psychische Belastung dar, da Diäten und Sport die Beine leider nicht wieder schlanker machen. Unschöne Bemerkungen des Umfelds über die Figur können deshalb besonders schmerzhaft sein. Zusätzlich kann der Alltag mit den schweren Beinen gerade bei heißem Wetter zur Belastungsprobe werden.
Behandlungsmöglichkeiten
Beim Lipödem gibt es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten, allen voran eine Operation, die allerdings erst bei einer starken Ausprägung von Nöten ist. Man kann mit einem diagnostizierten Lipödem gut leben und mittels Kompressionstherapien, Faszientraining, viel Bewegung und einer gesunden Ernährung den Fortschritt der Erkrankung hemmen. Bei der Operation wird das angesammelte Fett komplett abgesaugt. Dies wird von einem/einer Facharzt/Fachärztin durchgeführt, da das umliegende Gewebe auf keinen Fall beschädigt werden sollte – die Lipödem-OP ist demnach keine herkömmliche Fettabsaugung, wie sie bei Schönheitsoperationen vorgenommen wird.
Je nach Schweregrad und der Versicherung wird die Fettabsaugung von der Krankenkasse übernommen, da sich die Kosten für die Operation und anschließende Therapie auf mehr als 10.000€ belaufen.
Für eine Einschätzung muss in jedem Fall Fachpersonal aufgesucht werden, welches das jeweilige Stadium und den entsprechenden Typen bestimmt, was z.B. davon abhängt, ob auch die Arme mitbetroffen sind. Am besten wäre es eine/n PhlebologIn (VenenfachärztInnen) aufzusuchen. Einige allgemeinmedizinische ÄrztInnen diagnostizieren ein Lipödem nämlich falsch oder gar nicht und die Dunkelziffer dieser Erkrankung wird dadurch als sehr hoch eingestuft. Dies liegt daran, weil es keine eigene Spezialisierung für Lipödeme gibt und dadurch ein Mangel an Expertise vorhanden ist. Aktuell wird vermutet, dass allein in Deutschland rund 3,8 Millionen Menschen betroffen sind.
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