Das Coronavirus SARS-CoV-2 löst die Atemwegserkrankung Covid-19 aus, welche für die derzeitige Pandemie verantwortlich ist. Doch es ist nicht das erste Coronavirus, mit dem wir konfrontiert sind. Wieso führte gerade diese Variante zu so einer verheerenden Situation?
SARS-Viren sind anders als andere Coronaviren
Bereits 2002 trat erstmals ein Coronavirus in Erscheinung, welches für den Menschen nicht harmlos war. 2013 folgte mit MERS ein weiteres. Damit unterschieden sie sich deutlich von allen bisherigen Vertretern ihrer Art, die beim Menschen höchstens eine Erkältung verursachen. Das SARS-Virus, dessen Ursprung auf Südchina zurückzuführen ist, löste bei Infizierten eine schwere Lungenerkrankung aus. Beim Vergleich der Viren stellten Forschende fest, dass das RNA-Genom von SARS eine Region aufwies, die in anderen Coronaviren nicht zu finden war. Diese nannten sie daher „SARS-unique Domain“, kurz SUD. Und auch sein Nachfolger, das allzu bekannte SARS-CoV-2, verfügt über diese Region.
Bindung an menschliches Protein ermöglicht Zellübernahme
Vor mehreren Jahren bereits untersuchten Forschende der Ludwigs-Maximilians-Universität München diese Region der RNA genauer. „Als erfahrener Coronavirus-Forscher wusste ich, dass man die Besonderheiten des SARS-Coronavirus-Genoms anschauen muss, wenn man dieses Virus verstehen will“, sagt Dr. Albrecht von Brunn, Leiter der Arbeitsgruppe in München. Dabei stellte das Team fest, dass das SUD-Protein mit einem menschlichen Protein wechselwirkt. Das Paip-1 ist wichtig für die ersten Schritte der Proteinbiosynthese. Das heißt, das SUD-Protein bindet sich zusammen mit Paip-1 an die Ribosomen der Wirtszelle, wo Proteine hergestellt werden, und sorgt so für eine gesteigerte Produktion. Da jedoch in SARS-infizierten Zellen die Produktion von menschlichen Proteinen systematisch unterbunden wird, stellt die Zelle fast ausschließlich virale Bausteine her. Auf diese Weise machen sich die Viren die Funktionen der Zelle zunutze und breiten sich im Körper aus.
Protein-Interaktion ist möglicher Angriffspunkt
Ein Forschungsteam der Universität Lübeck hatte bereits zuvor die dreidimensionale Struktur des SUD-Moleküls ergründet. Daher taten sich die beiden Expertengruppen zusammen, um die Wirkungsweise der gefährlichen Coronaviren besser zu verstehen. Dabei gelang es ihnen, den Komplex aus SUD und Paip-1 zu kristallisieren und dessen Struktur zu erfassen. So konnten sie die Verbindung charakterisieren und die Prozesse verstehen, die den SARS-Viren ermöglichen, im Körper so viel Schaden anzurichten. Die Ergebnisse veröffentlichten sie kürzlich in einer Studie.
„Derartige Wechselwirkungsstudien zwischen Coronavirusproteinen und Proteinen der infizierten menschlichen Zelle werden uns helfen zu verstehen, wie sich die Viren Schlüsselfunktionen der Wirtszelle zunutze machen“, erklärt Prof. Rolf Hilgenfeld von der Universität Lübeck die Ergebnisse. Außerdem könnte diese Interaktion ein neues Ziel für antivirale Therapien darstellen, auch für etwaige zukünftige, für den Menschen schädliche Coronaviren, schreiben die Autoren der Studie.
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