Jeder kennt es: Sobald die Erkältungssaison beginnt oder man auch nur den Hauch einer Erkältung verspürt, muss man etwas dagegen unternehmen. Die einen trinken Ingwersud, die anderen wollen die Symptome „wegschlafen“, wieder andere schwören auf Nahrungsergänzungsmittel. Jeder hat sein persönliches Geheimrezept. Doch lässt sich eine Grippe oder Erkältung tatsächlich mit zusätzlichem Zink oder Vitamin C vorbeugen oder sogar bekämpfen? Können die Pillen die Krankheitsdauer wirklich verkürzen? Laut der überzeugenden Werbung können diese Fragen mit einem definitiven „Ja“ beantwortet werden. Experten sind sich darüber aber nicht einig. Viele von ihnen sehen in der Einnahme der Tabletten wenig Sinn.
Test führt zu ernüchternden Ergebnissen
Ernährungsmediziner gehen davon aus, dass ein Erwachsener durch eine ausgewogene Ernährung alle nötigen Nährstoffe zu sich nimmt – ganz ohne Nahrungsergänzung. Um diese Aussage zu testen, wurden verschiedene Präparate unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Keines der angeblichen Wundermittel hilft wirklich dabei, die Abwehrkräfte zu stärken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) geht in einer Presseinformation so weit, Nahrungsergänzungsmittel als Methode zur Gewissensberuhigung zu betiteln. „Wir nehmen Nahrungsergänzungsmittel meist zur Gewissensberuhigung. Aber Ernährungsfehler lassen sich nicht durch Pillen ausgleichen.“, so der Präsident der DGE.
Vitamin C auf dem Prüfstand
Auch Prof. Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin der Universität Lübeck untersuchte Nahrungsergänzungsmittel und ihre versprochene Wirkung im Hinblick auf Erkältungen. Im Fokus dieser Untersuchungen stand Vitamin C und die darin enthaltene Ascorbinsäure. Beide Inhaltsstoffe sollen das Immunsystem unterstützen und Infekten vorbeugen. Laut Smollich halten sie ihr Versprechen jedoch nicht, denn beide Stoffe verringern weder die Häufigkeit von Infekten noch die Krankheitsdauer. Ascorbinsäure könne nur dann Infekten vorbeugen, so Smollich, wenn diese direkt vor körperlicher Anstrengung eingenommen würde. Dies habe eine Studie unter Soldaten ergeben, bei der täglich 500 bis 1.000 mg der Säure eingenommen wurden, kurz bevor die Soldaten sich körperlich verausgaben mussten. Die Wirkung zeigte sich darin, dass die Soldaten seltener krank wurden.
Zink kann zu Vergiftungen führen
Nahrungsergänzungsmittel sind an und für sich harmlos. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass man nicht zu viel davon einnehmen sollte. Denn selbst diese harmlosen Mittel bergen Gefahren. So kann Vitamin D, das „Sonnenvitamin“ bei einer Überdosierung zu Nierensteinen führen oder zu viel Kalium Herzrhythmusstörungen verursachen. Besonders gefährlich kann aber eine Überdosierung von Zink sein, da es ein Schwermetall ist. Obwohl der Körper Zink benötigt, kann ein Zuviel her Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Dies geschieht aber nur, wenn man über einen längeren Zeitraum viel zu viel Zink einnimmt. Dennoch rät auch das Ärzteblatt zum vorsichtigen Umgang mit Zinkpräparaten. Laut Smollich ist es jedoch eines der wenigen Mittel, das Infekthäufigkeit und -dauer tatsächlich vermindern können. Hierzu liegen aber bislang keine gesicherten Belege vor, so die Verbraucherzentrale. Studien diesbezüglich zeigen, dass Zinkacetat als Nahrungsergänzungsmittel nicht die Dauer eines Infektes verkürzt und, verglichen zu Placebos, zu mehr Nebenwirkungen führen kann.
Entscheidung des Verbrauchers
Also alles nur Geldmacherei? Nicht ganz, denn der sogenannte „Placebo-Effekt“ spielt hier auch eine Rolle. „Placebo“ bedeutet, dass das Mittel eine Wirkung hat, ohne einen Wirkstoff zu enthalten. Bekannt dafür sind „Kügelchen“ oder auch Globuli, die in der Homöopathie verwendet werden. Sie enthalten meist nicht viel mehr als ein bisschen Zucker und einen homöopathisch potenzierten Wirkstoff. Dennoch schwören viele Menschen auf diese Art der Behandlung. Antje Preußker, wissenschaftliche Leiterin beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, sieht in der Beliebtheit der Nahrungsergänzungsmittel kein Problem. „Die legalen Produkte auf dem Markt sind sicher“ betont sie. Es sei also dem Verbraucher überlassen, ob er gewisse Mittel einnimmt oder nicht. Hier kommt der Unterschied zwischen der tatsächlichen, objektiven Wirkung und der psychischen, subjektiven ins Spiel. Die Frage ist nur, auf welche Wirkung man setzen möchte.
Einfache Maßnahmen zur Stärkung der Abwehr
Ferdinand Gerlach, Präsident der deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (Degam), empfiehlt die folgenden kostengünstigen Maßnahmen zur Stärkung der Abwehr, die für die meisten Menschen vollkommen ausreichend sind:
- Häufiges Händewaschen
- Sich so selten wie möglich ins Gesicht fassen
- Ausreichend Bewegung an der frischen Luft (etwa eine halbe Stunde am Tag)
- Genügend Schlaf
- Eine ausgewogene Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse
- Wenig Alkohol
- Stressreduktion
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