Noch immer gilt Krebs als eine der gefährlichsten und unberechenbarsten Erkrankungen: Was mit unauffälligen Genmutationen beginnt, resultiert im schlimmsten Fall in multiplem Organversagen und einem vorzeitigen Tod. Durch umfangreiche Forschung im Bereich der Onkologie konnten in den letzten Jahren jedoch entscheidende Erfolge erzielt werden. Einen wichtigen Beitrag leisteten hierbei Forscher der Universität Köln – den Fachleuten gelang es einen zentralen Angriffspunkt für innovative Therapieansätze zu entschlüsseln.
Bedeutender Zusammenhang erforscht
Im Rahmen einer Studie untersuchten Experten der Universität Köln in Kooperation mit Forschern der Cambridge University, welche Faktoren zu aggressivem Nierenkrebs beitragen. In einem Maus- und Zellmodell konnten die Mediziner schließlich nachweisen, dass Ansammlungen des Stoffwechselproduktes Fumarat in den Mitochondrien Entzündungen hervorrufen, die mit der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen und Krebs in Zusammenhang stehen. Unter Mitochondrien werden ovale Zellorganelle verstanden, die von einer Doppelmembran umhüllt sind und eine spezielle Erbsubstanz beinhalten. Ihre Hauptfunktion besteht in der Produktion sogenannter Adenosintriphosphate, welche die Energieaufnahme aus der Nahrung ermöglichen. Mitochondrien gelten für eine gesunde Zellfunktion als unabdingbar, da sie elementare Substanzen zur Verfügung stellen, welche sowohl für das Wachstum als auch für die Vermehrung der Zellen sorgen.
Verhängnisvolle Stoffwechselreaktionen
Eine der relevantesten Stoffwechselreaktionen in den Mitochondrien stellt die sogenannte Fumarat-Hydratase dar. Im Zuge dieses Prozesses wird Fumarat (ein Salz der Fumarsäure) in Malat (ein Salz der Apfelsäure) transformiert, um in weiterer Folge Energie generieren zu können. Zuvor durchgeführte Studien deuteten bereits darauf hin, dass Abweichungen in diesem Vorgang mit der Entwicklung von aggressivem Nierenkrebs in Verbindung stehen. Dieser Defekt wird durch Fumarat-Ansammlungen in den Mitochondrien hervorgerufen. Das Salz der Fumarsäure gilt somit als sogenannter onkogener Metabolit – ein Stoffwechselprodukt, das Krebserkrankungen verursachen kann.
Ursache für Immunreaktion ermittelt
Im Zuge des aktuellen Forschungsprojektes gelang es den Medizinern Störungen in der Fumarat-Hydratase genauer zu ergründen: Mittels modernster Technik und präziser biochemischer Experimente konnten die Experten rekonstruieren, wie Fumarat die Mitochondrien konkret beeinträchtigt. Die Forscher beobachteten zudem, dass die Zellorganellen aufgrund des Schadens kleine Blasen emittieren, die als „mitochondrial-derived vesicles“ bezeichnet werden. Laut der Forschungsgruppe beinhalten die Bläschen RNA (Ribonukleinsäure) und mitochondriale DNA (Desoxyribonukleinsäure). Durch die Freisetzung dieser Substanzen wird eine Immunreaktion provoziert, welche Entzündungsprozesse in Gang setzt, die wiederum die Entwicklung von Autoimmun- und Krebserkrankungen begünstigen.
Innovative Methoden in Aussicht
Dr. Christian Frezzer, Krebsforscher und Studienautor, zeigt sich mit den gewonnenen Erkenntnissen zufrieden: „Unsere Studie veranschaulicht zum ersten Mal einen Zusammenhang zwischen einem mitochondrialen Stoffwechselprodukt und dem Beginn einer Entzündung, die die Grundlage für Krebs und verschiedene Autoimmunkrankheiten sein könnte“, erläutert der Experte. Basierend auf den vorliegenden Ergebnissen plant das Team nun innovative Methoden zur Therapie von Krebspatienten zu entwickeln.
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