Im Rahmen der aktuellen Coronakrise leiden zahlreiche Menschen unter sozialer Isolation. Diese kann zwar Covid-19 vorbeugen, stellt jedoch auch an sich ein Gesundheitsrisiko dar. Vor Kurzem fanden Wissenschaftler bei einer Studie heraus, dass „Social Distancing“ bei älteren Menschen mit einem erhöhten Risiko für Krankenhausaufenthalte durch Atemwegserkrankungen einhergeht.
Alleinsein kann die Gesundheit gefährden
Die neue Forschungsarbeit des University College London ergab, dass soziale Isolation bei älteren Personen zu einem Anstieg des Risikos einer Klinikeinweisung auf Grund einer Atemwegserkrankung führt. Die Untersuchungsergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „BMI: Thorax“ vorgestellt.
Während der derzeitigen Coronakrise ist jeder gezwungen sich von anderen Menschen fernzuhalten, um sich selbst und andere Personen vor einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 zu bewahren. Doch die daraus resultierende soziale Abschottung kann die Psyche negativ beeinflussen und ebenfalls eine Gefahr für die Gesundheit darstellen.
Fehlende Kapazitäten
Die aktuelle Forschungsarbeit zeigt, dass soziale Isolation das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt auf Grund von Atemwegserkrankungen vergrößern kann. Die Gefahr wird jedoch auch von anderen Faktoren beeinflusst, zum Beispiel der generellen Verfassung des Menschen und seinem Lebensstil.
Klinikeinweisungen wegen Atemwegserkrankungen kommt insofern eine große Bedeutung zu, als dass bei Überbelegung nicht genug Krankenhausbetten zur Verfügung stehen können. Während der aktuellen Coronakrise kommt es ebenfalls oftmals zu Engpässen, sodass dies ein ernstes Problem darstellt und ältere Menschen gefährdet sind.
Allein in Großbritannien ist die Zahl der Klinikeinweisungen auf Grund von Atemwegserkrankungen innerhalb der letzten Jahre drei Mal so rasch angestiegen wie Einweisungen aus jeglichen anderen Anlässen. Hierbei sind vor allem sozial Schwache und ältere Personen betroffen.
Untersuchung des Einflusses von Einsamkeit
Einsamkeit wird mit diversen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht. Bisher war jedoch unklar, ob die soziale Isolation auch bei der Entwicklung von Atemwegserkrankungen eine Rolle spielt. Ein Forschungsteam ging dieser Gefahr nach und wertete Krankenhausaufzeichnungen und Todesfallstatistiken von 4.478 Patienten aus, welche bei der English Longitudinal Study on Ageing (ELSA) beteiligt waren. ELSA war eine national repräsentative Langzeitstudie älterer Erwachsener.
Der Grad der Einsamkeit wurde anhand der Wohnsituation (alleinlebend oder nicht), sowie der Häufigkeit sozialer Kontakte und sozialen Engagements bewertet. Dazu zählten auch ehrenamtliche Tätigkeiten, kulturelle Aktivitäten und Engagement in Gemeinschaftsgruppen. Die soziale Isolation wurde am Ende mit einer validierten UCLA-Skala eingeordnet.
Studiendetails
Darüber hinaus wurden Daten über mögliche Einflussfaktoren zusammengetragen, darunter Geschlecht, Ethnie, Bildungsstand, Haushaltseinkommen, Lebensstil, körperliche Fitness, Rauchen, sowie gesundheitliche Grundbedingungen (inklusive nicht diagnostizierter chronisch obstruktiver Lungenkrankheit, auch als COPD bekannt).
Die gesundheitliche Verfassung der Probanden wurde bis zum Januar 2018 bzw. bis zu deren Ableben medizinisch kontrolliert. Durchschnittlich wurden die Teilnehmer 9,5 Jahre lang überwacht. In diesem Zeitraum wurden elf Prozent von ihnen auf Grund einer Atemwegserkrankung in eine Klinik gebracht.
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Verbindung ist schon länger bekannt
Nachdem mögliche Einflussfaktoren in die Ergebnisse miteinbezogen wurden, gingen Einsamkeit und der Grad der sozialen Kontakte mit Freunden und Familie nicht mit einem erhöhten Risiko einer Einlieferung einher. Menschen in Ein-Personen-Haushalten und niedriges soziales Engagement führten jedoch zu einer Zunahme des Risikos um 32 bzw. 24 Prozent.
Die Resultate der Beobachtungsstudie stimmen mit den Ergebnissen älterer Untersuchungen überein, welche Einsamkeit und Isolation bereits mit einer Verschlechterung der Gesundheit in Zusammenhang brachten. Die Wissenschaftler vermuten dahinter, dass sich sozial isolierte Personen weniger bewegen und öfter rauchen. Dies könnte die festgestellte Verbindung erklären. Zudem suchen einsame Menschen oftmals erst einen Arzt auf, wenn die Beschwerden bereits stärker sind. Mediziner könnten auf Grund des Risikos Alleinlebende auch frühzeitiger in eine Klinik einweisen.
Sozialer Kontakt hält gesund
Ältere Alleinlebende mit bestehender Lungenerkrankung könnten besonders von gemeinschaftlichem Support profitieren, aber auch Nicht-Kranke könnten auf diese Weise vorbeugen. Ein innovatives soziales Verschreibungsprogramm könnte der erste Schritt sein, um Menschen zu sozialen Unternehmungen zu bewegen und die Zahl der Krankenhauseinweisungen zu senken.
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