Milch ist ein umstrittenes Lebensmittel. Nachdem Milch lange als wichtiger Bestandteil der Ernährung galt, hat sich das einst positive Bild des Lebensmittels innerhalb der letzten Jahre nach und nach verschlechtert. Doch was ist eigentlich dran an der Kritik? Macht Milch wirklich krank oder tut uns das weiße Getränk doch etwas Gutes?
Sinkender Milchkonsum in Deutschland
Nur bei wenigen Lebensmitteln scheiden sich die Geister so stark wie bei Kuhmilch. Ob im Müsli, im Kaffee oder in Backwaren: Für viele Menschen gehört Milch zur täglichen Ernährung einfach dazu. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Milch ist in den vergangenen Jahren zwar gesunken, 2019 lag er jedoch immer noch bei fast einem Liter pro Woche. Allerdings sank der durchschnittliche pro-Kopf-Konsum 2019 bereits um 3,9 Prozent und damit erstmals auf unter 50 Kilogramm jährlich, so die Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Insgesamt 49,5 Kilogramm Milch hat jeder Deutsche 2019 konsumiert. Hinzu kommen weitere Molkereiprodukte wie Butter, Käse und Magermilchpulver. Der durchschnittliche Milchkonsum der Deutschen liegt damit unter der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Diese empfiehlt etwa 250 Milliliter Milch, Joghurt, Kefir oder Buttermilch und 50 bis 60 Gramm Käse (entsprechend 1 – 2 Scheiben) pro Tag. Berichte über negative Auswirkungen von Milch häufen sich jedoch immer weiter. Milch mache krank, könnte das Krebsrisiko erhöhen und ist schlecht für Tiere und Umwelt. Immer mehr Menschen in Deutschland steigen deswegen auf pflanzliche Alternativen um.
Milch trägt nicht unbedingt zum Knochenaufbau bei
Milch enthält Kalzium, der Hauptbestandteil der Knochen. Die Vermutung liegt daher nahe, dass Milchkonsum die Knochen stärkt und daher gesund ist. Doch das stimmt nicht ganz: Damit das Kalzium in den Knochenaufbau einfließen kann, benötigt der Körper Vitamin D. Milchtrinken alleine reicht für den Knochenaufbau deshalb nicht aus, so die Einschätzung von Experten. Für Kinder in Wachstumsphasen habe Milch jedoch einen gesundheitlichen Vorteil, betont die Wissenschaftlerin und „mailab“-Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim.
Es gibt jedoch auch Studien, die nahelegen, dass Milch das Risiko für Knochenbrüche sogar erhöht: Eine Studie aus Schweden kam zu dem Ergebnis, dass Frauen, die drei oder mehr Gläser Milch pro Tag tranken, ein erhöhtes Risiko für osteoporotische Frakturen im Alter aufweisen. Zudem wurde bei Männern und Frauen ein erhöhtes Sterberisiko im Alter festgestellt. Bewiesen sei ein schädlicher Einfluss von Milch damit dennoch nicht, erklärt der Autor der Studie Karl Michaëlsson. Auch die mailab-Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim weist darauf hin, dass es bislang keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass Milch die Ursache für ein erhöhtes Osteoporoserisiko ist.
Erhöht Milch das Krebsrisiko?
Immer wieder wird Milch auch in Zusammenhang mit einem erhöhten Krebsrisiko gebracht. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Konsum eines einzelnen Lebensmittels und einem erhöhten Krebsrisiko ist aber nur schwer nachzuweisen. Das Max-Rubner-Institut (MRI) hat zahlreiche Studien ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass es nur für eine Krebsart Hinweise auf einen Zusammenhang gibt. Laut der Studienauswertung des MRI ist es möglich, dass der Verzehr von Milch und Milchprodukten das Prostatakrebsrisiko erhöht. Auch eine erhöhte Calcium-Zufuhr erhöht wahrscheinlich das Prostatakrebsrisiko, so das MRI. In Studien nachgewiesene Korrelationen sind laut Mai Thi Nguyen-Kim aber nur bedingt aussagekräftig. „Aber bei Krebsverdacht sollte man mögliche Risikofaktoren durchaus ernst nehmen“, sagt die „mailab“-Moderatorin. Das Risiko für Dickdarmkrebs wird durch einen erhöhten Milchkonsum wahrscheinlich sogar verringert. Für Brustkrebs sowie für alle anderen Krebsarten gibt es laut dem Max-Ruber-Institut bisher keinen Hinweis auf eine Risikoerhöhung.
Positiver Zusammenhang mit Diabetes Typ 2
Auch für andere Krankheiten gibt es eher Hinweise auf einen positiven Zusammenhang zum Konsum von Milch und Milchprodukten. Aktuelle Erkenntnisse legen nahe, dass der tägliche Verzehr einer Portion fermentierter Milchprodukte wie Joghurt, Kefir oder Buttermilch das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 senken könnte, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Das bestätigt auch die Analyse des MRI. Die Wissenschafter des MRI sehen auch eine positive Wirkung von Milch auf kardiovaskuläre Erkrankungen und Bluthochdruck. Nicht jeder verträgt Milch jedoch gleich gut. Wer nach dem Milchkonsum unter Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall leidet, sollte sich auf eine Laktoseintoleranz testen lassen. Grund für die gesundheitlichen Probleme ist ein fehlendes Enzym im menschlichen Körper, das den Milchzucker spaltet. Etwa jeder fünfte Deutsche leidet laut Öko-Test unter solch einer Laktoseintoleranz.
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