Der Grund, warum manche Menschen mehr und manche weniger auf das Coronavirus reagieren, kann in den Genen liegen. Eine neue Studie wirft die These auf, dass Neandertaler-Gene den Verlauf beeinflussen können.
Einfluss von Neandertaler-Genen auf den Menschen
Die ältesten bekannten Neandertaler lebten vor rund 400.000 Jahren, bis sie vor rund 40.000 Jahren ausstarben. Sie haben jedoch große Teile ihres Erbguts an den modernen Menschen weitergegeben. Und wir haben davon profitiert: Neandertaler-Gene helfen uns beim Fettabbau und stärken unser Immunsystem. Auch wirken sich die Genvarianten positiv auf auf Gehirnareale für die Planung und Koordination von Bewegungen aus. Unser Neandertaler-Erbe beeinflusst zudem auch heute Eigenschaften wie unseren Hautton, unsere Haarfarbe, Schlaf, Stimmung und sogar, ob eine Person raucht. Zum Beispiel rauchen Menschen mit bestimmten Neandertaler-Varianten im Schnitt häufiger. Auch sogenannte „Nachtmenschen“ besitzen oft bestimmte Neandertaler-DNA.
Neandertaler-Genvarianten wirken sich negativ auf den Krankheitsverlauf aus
Manche Menschen scheinen ohne sichtlichen Grund schwerer unter einer Covid-19-Erkrankung zu leiden als andere. Einige Einflüsse auf den Krankheitsverlauf – wie Alter und diverse Vorerkrankungen – sind bereits bekannt. Nun hat eine Forschergruppe festgestellt, dass bestimmte Neandertaler-Genvarianten das Risiko für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe erhöhen können. In manchen Fällen können sie die Gefahr jedoch auch verringern. Forschende am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und am Karolinska Institutet in Schweden entdeckten, dass wir den wichtigsten genetischen Risikofaktor für einen schweren Verlauf der Krankheit Covid-19 vom Neandertaler geerbt haben. Der wichtigste genetische Risikofaktor befindet sich laut den Fachleuten im menschlichen Genom auf Chromosom 3 und erhöht das Risiko, künstlich beatmet werden zu müssen oder sogar zu sterben.
Auch positive Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf sind möglich
Die Wissenschaftler fanden kürzlich auch heraus, dass Neandertaler nicht nur schädliche, sondern auch schützende Varianten zu unserem Genom beigesteuert haben. Die Forscher beschreiben, dass eine Region auf Chromosom 12, die das Risiko, bei einer Infektion schwer zu erkranken um etwa 20 Prozent reduziert, vom Neandertaler stammt. Die Neandertaler-Variante des Enzyms scheint dabei effizienter zu sein, virale Genome abzubauen. „Auffällig ist auch, dass zwei genetische Varianten, die wir vom Neandertaler geerbt haben, für den Verlauf von Covid-19 mit so gegensätzlichen Auswirkungen verbunden sind. Das Immunsystem der Neandertaler beeinflusst uns offensichtlich noch heute – sowohl positiv als auch negativ“, so Svante Pääbo, Forscher des Max-Planck-Instituts. Die Studie zeigt auch, dass die schützende Neandertalervariante sich seit der letzten Eiszeit immer weiter durchgesetzt hat, so dass nun etwa die Hälfte aller Menschen außerhalb Afrikas sie im Genom trägt.
Was meinen Sie?