Jedes Jahr werden mehr als eine Million Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Der Bedarf an einer Impfung sowie aussagekräftigen Studien wird deutlich. Die sogenannte mRNA-Impfung steht derzeit im Test. Ein Forschungsteam arbeitet aktuell zusammen mit den Pharmaunternehmen Biotech und Moderna an der Entwicklung eines Impfstoffes, der die immun-trainierenden HIV-Partikel über mRNA liefert. In einer Phase-1-Studie wird das Partikel sowie ein weiteres, technisch verändertes Partikel mit einem mRNA-Transportsystem getestet – zeitgleich wird dazu eine klinische Studie in Afrika durchgeführt.
mRNA-Impfung gegen Corona lieferte neuen Ansatz
Das Humane-Immunschwäche-Virus macht es der Forschung bislang schwer ein Gegenmittel zu finden, da es sehr schnell mutiert und seine Oberfläche rasant verändert. Dadurch kann das Virus dem Immunsystem – auch wenn ein ähnliches bereits bekannt ist – einfach entgehen. Auch das Coronavirus ist ein schnell mutierendes Virus, welches mithilfe der mRNA-Strategie bereits erfolgreich bekämpft wird. Dieser Erfolg machte die Forschung auf die mRNA-Strategie im Kampf gegen HIV aufmerksam: „Das ist eine ganz neue Art, darüber nachzudenken, wie man einen Impfstoff herstellt“, sagte William Schief, einer der Studienautoren und Professor für Immunologie und Mikrobiologie bei Scripps Research. Die während der Pandemie verabreichten mRNA-Impfstoffe waren die ersten, die je bei Menschen eingesetzt wurden.
Phase 1 läuft bereits
Nun arbeitet Moderna an einem neuen Impfstoff gegen das HI-Virus. Unter der offiziellen Bezeichnung mRNA-1644 wird die allererste mRNA-Behandlungsmethode gegen HIV gerade getestet. Im Rahmen der Studie wurden vier Gruppen gebildet: Zwei Gruppen wurde jeweils eine Mischung aus zwei Impfstoffversionen verabreicht, die anderen zwei Gruppen erhielten nur eine der beiden Versionen. Die Teilnehmer wissen jeweils, welche Impfstoffe sie erhalten haben, da die Forscher in dieser Phase nur feststellen wollen, ob eine Immunreaktion vorhanden ist. Die erste Phase dauert ungefähr zehn Monate. Wenn ein Impfstoff den Test bestanden hat, geht die Studie weiter zu Phase zwei und drei. In diesen folgenden Phasen wird elaboriert, wie gut die Prävention von HIV-Infektionen bei der breiten Bevölkerung mithilfe der mRNA Impfung funktioniert.
Wie funktionieren mRNA-Impfstoffe?
Der Kern der Technik besteht darin, das Immunsystem zu trainieren, dass es eine breite Palette natürlich vorkommender HIV-Subtypen erkennen kann, so William Schief. Anders als herkömmliche Impfstoffe, die meist einen Teil von abgeschwächtem oder aktivem Virus beinhalten, ist der mRNA-Impfstoff in gewisser Weise eine “Gebrauchsanweisung”. Sie hilft unseren Zellen zu bestimmen, wie Protein-Teilchen hergestellt werden sollen, die sich an der Außenseite des zu bekämpfenden Virus befinden. Diese Proteine werden für einen kurzen Zeitraum von unseren körpereigenen Zellen produziert. Der Körper erkennt, dass diese fremd sind und das Immunsystem startet eine Reaktion dagegen. Folglich kann dies dann bei einer echten Infektion schneller ablaufen, da die Spike-Proteine unserem Körper bereits bekannt sind.
Großes Potenzial der mRNA-Technologie gegen HIV
Die klinische Studie untersucht speziell eine sequenzielle Impfung, die mithilfe einer auf die Keimbahn abzielenden Erstimpfung und gefolgt von gerichteten Boost-Immunogenen eine Immunantwort von B-Zellen induziert. Die Entwicklung von breit neutralisierenden Antikörpern (bnAbs) durch eine mRNA-Plattform wird ebenfalls gelenkt. Einige Menschen entwickeln diese Antikörper von Natur aus auch gegen HIV.
Der mRNA-Impfstoff könnte nun jedem die Möglichkeit bieten bnAbs gegen HIV zu bilden. Bevor Moderna die Studie der mRNA-Impfung aufnahm, untersuchten Forscher der Internationalen AIDS Vaccine Initiative und Scripps Research lediglich einen Bestandteil des jetzigen Impfstoffs, das sogenannte Immunogen. Zwar hat sich dieser Impfstoff als effizient erwiesen, da 97 Prozent der Teilnehmenden die Stimulierung von B-Zellen entwickelten, er löste jedoch nicht die vollständige Immunreaktion aus. Um die richtige Reaktion der Antikörper zu erhalten, müssen zunächst die richtigen B-Körper vorbereitet werden. Anschließend soll das Immunogen zusammen mit dem mRNA-System von Moderna verabreicht werden. Diese Kombination soll zu breit neutralisierenden Antikörpern führen, die eine HIV-Infektion schnell von Anfang an bekämpfen können. Studienautor William Schief erklärt: „Es gibt nur wenige Stellen auf der Oberfläche des HIV-Spikes, die bei verschiedenen Isolaten gleich oder relativ gleich bleiben. Und wir versuchen, sehr spezifische Antikörper hervorzurufen, die sehr spezifische Eigenschaften haben, die es ihnen ermöglichen, genau an diese Stellen zu binden.“
Nur geringe Nebenwirkungen beobachtet
Laut den Forschern zeigte der Impfstoff während der Studie bislang nur geringe Nebenwirkungen. Von 36 Studienteilnehmern entwickelten 35 Antikörper gegen das HI-Virus; als Nebenwirkungen wurden lediglich Kopfschmerzen und Schmerzen an der Einstichstelle genannt. Die Untersuchung des Impfstoffs steht in der Anfangsphase und es gibt noch keine Garantie, ob es tatsächlich zu einer Zulassung kommen wird. Laut William Schief wird es noch eine Zeit dauern, bis mit der Phase 2 begonnen werden kann. In den nächsten Jahren wird es vermutlich außerdem weitere Studien zu mRNA-Impfstoffen geben, die nicht nur HIV betreffen.
Was meinen Sie?