Künstliche Intelligenz und Machine Learning sind Buzzwords, die bei vielen erstmal Ungewissheit, vielleicht sogar Misstrauen auslösen. Klar ist aber inzwischen: In vielen Bereichen, nicht zuletzt in der Medizin, werden neue Technologien wie diese immensen Fortschritt bringen. Nachdem bereits gezeigt wurde, dass Algorithmen zum Beispiel zur Risikoberechnung von Alzheimer-Demenz oder zur Diagnose von Parkinson eingesetzt werden können, erprobte ein Forschungsteam des Universitätsspitals Zürich (USZ) nun auch deren Einsatz in der Kardiologie. Dort sollen sie in Zukunft abgrenzen, ob es sich um einen Herzinfarkt oder das Broken-Hearts-Syndrom handelt. Aber wie funktioniert das?
Zwei Krankheiten, ein Gesicht
Die Takotsubo-Kardiomyopathie, besser bekannt als Broken-Heart-Syndrom, ist eine akute Pumpfunktionsstörung des Herzens, welche überwiegend Frauen betrifft. Sie tritt etwa nach emotionalen oder physischen Stressereignissen auf und ist in der akuten Phase leicht mit einem Herzinfarkt zu verwechseln. Eine Herz-Ultraschall-Untersuchung könnte die beiden Krankheitsbilder unterscheiden, doch klare Kriterien dafür fehlen bis heute. Das Forschungsteam des USZ in Kooperation mit der ETH Zürich wollen daher Machine-Learning-Algorithmen einsetzen, um den Menschen bei der Diagnose zu unterstützen. Die Ergebnisse einer ersten Studie veröffentlichten sie kürzlich im Fachmagazin „JAMA Cardiology“.
Tiefes Lernen
Deep Learning bezeichnet den Einsatz eines bestimmten Algorithmus, nämlich eines tiefen neuronalen Netzwerkes, zur Klassifizierung von Daten. Im Falle der Schweizer Studie handelte es sich um Herz-Ultraschall-Daten. Dabei geht der Algorithmus im Grunde nicht anders vor als wir Menschen auch: Anhand von gegebenen Beispielen lernt er, welche Merkmale zu welchem Krankheitsbild gehören. Je mehr Beispiele er bekommt, desto besser kann er Muster erkennen und seine Erkennung präzisieren. Auf diese Weise können Algorithmen manchmal Merkmale identifizieren, die dem Menschen nicht auffallen.
So auch im Falle der Studie: Daten von insgesamt 224 PatientInnen mit akutem Myokardinfarkt und nochmal 224 PatientInnen mit Broken-Heart-Syndrom flossen in die Entwicklung eines Deep-Learning Modells ein. Dabei wurde etwas mehr als die Hälfte der Fälle für das Training des Modells verwendet, die übrigen Daten dienten zum Testen, wie gut das Modell unbekannte Fälle zuordnen konnte. Diese Daten wurden außerdem vier erfahrenen KardiologInnen zur Einordnung vorgelegt, um das Können von Mensch und Maschine zu vergleichen.
Ein erster Erfolg
Die Ergebnisse zeigten, dass der Algorithmus tatsächlich besser darin war, die beiden Krankheitsbilder voneinander zu unterscheiden, als der Mensch. Bevor die Technologie im klinischen Alltag Einsatz finden kann, fehlen aber noch einige Schritte. Etwa muss überprüft werden, wie der Algorithmus sich schlägt, wenn die Daten nicht auf nur zwei Krankheitsbilder beschränkt sind. „Dennoch konnten wir mit dieser Studie das Potenzial von KI zeigen“, erklärt Christian Templin, Kardiologe am USZ und Co-Autor der Studie. „Stehen künftig größere Datensätze zur Verfügung, könnten die Vorhersagen mittels Deep Learning noch erheblich verbessert werden und weitere Einblicke in die Dynamik der normalen und krankhaften Herzfunktion gewähren.“
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