Jedes Jahr leiden in Deutschland fast 18 Millionen Menschen an einer psychischen Krankheit – das entspricht mehr als einem Viertel aller Erwachsenen hierzulande. Woran liegt es, dass so viele von uns in psychische Schieflagen geraten? Wie eine Studie aus Australien kürzlich zeigen konnte, hat ein unterschätzter Faktor offenbar einen großen Einfluss: die Helligkeit in der Nacht.
Depression durch zu viel Licht?
Für die Studie von Forschern der Monash University in Melbourne wurden die Daten von fast 87.000 Menschen ausgewertet. Diese stammten aus der UK Biobank und beinhalteten Informationen über Schlafgewohnheiten, körperliche Betätigung und mögliche psychische Krankheiten. Außerdem gaben die Probanden an, wie viel Licht sie tagsüber und nachts ausgesetzt sind.
Das Ergebnis: Bei Probanden, die ihre Nächte unter großer Helligkeit verbringen, war das Depressionsrisiko um 30 Prozent erhöht. Teilnehmer, die tagsüber viel Licht abbekamen, hatten hingegen ein um 20 Prozent geringeres Risiko für eine Depression. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich für folgende psychische Krankheiten:
- Angststörungen
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Psychosen
- Selbstverletzendes Verhalten
- Bipolare Störung
Industriegesellschaft schadet psychischer Gesundheit
Der Zusammenhang zwischen Licht und Psyche blieb auch dann bestehen, wenn der Einfluss anderer Faktoren auf die psychische Gesundheit herausgerechnet wurde. Dazu zählten die körperliche Betätigung, das Einkommen, die Herzgesundheit, Schlafgewohnheiten, Schichtarbeit und, ob die Teilnehmer auf dem Land oder in der Stadt lebten. Somit zeigen die Erkenntnisse aus der Studie: Indem man darauf achtet am Tag häufig die Sonne zu Gesicht zu bekommen und nachts die Lichter möglichst völlig auszuschalten, kann man seine psychische Gesundheit schützen – und das ganz ohne Medikamente.
In einer Pressemitteilung der Monash University erklärt Studienautor Sean Cain, warum sich die Lichtexposition auf unsere mentale Gesundheit auswirkt: Der Mensch habe sich im Laufe der Evolution an Helligkeit am Tag und fast vollständige Dunkelheit in der Nacht gewöhnt. In unserer modernen Industriegesellschaft hat sich dieses Muster jedoch umgekehrt: Fast 90 Prozent des Tages verbringen Menschen in Gebäuden, deren künstliche Beleuchtung dunkler ist als das Sonnenlicht. Für die Nachtstunden ist das elektrische Licht hingegen viel zu hell. „Es verwirrt unsere Körper und macht uns ungesund“, erklärt Sean Cain.
Zu viel Licht stört auch den Schlaf
Schon seit längerem weiß man, dass die Lichtexposition auch einen Einfluss darauf hat, wie gut wir schlafen. Bei diesem Zusammenhang spielt das Schlafhormon Melatonin eine große Rolle: Zu viel Licht führt dazu, dass das Hormon nicht ausreichend freigesetzt wird und sich somit keine Müdigkeit einstellt. Die Schlafdauer und -qualität beeinflusst wiederum die psychische Gesundheit. Daher empfehlen Experten verschiedene Maßnahmen, damit die Nachtruhe nicht gestört wird: das Zimmer so gut es geht abdunkeln und laute Geräusche vermeiden. Das Schlafzimmer sollte in dem Teil der Wohnung liegen, in dem man Straßenlärm am wenigsten hört. Menschen, die nachts arbeiten, sind während ihrer Schlafzeiten am Tag sehr häufig lauten Geräuschen und hellem Licht ausgesetzt. Daher ist es für sie besonders wichtig, eine möglichst gute Schlafumgebung zu schaffen.
Bipolare Störung: Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt
Bei psychischen Krankheiten kommt einem meist als erstes die Depression in den Sinn. Diese ist gekennzeichnet durch tiefe Traurigkeit und fehlenden Antrieb. Es gibt jedoch auch eine Krankheit, bei der die Betroffenen zusätzlich unter dem anderen Extrem leiden: die Bipolare Störung. Menschen mit diesem Syndrom durchlaufen abwechselnd Phasen, in denen sie entweder depressiv oder manisch sind. Eine Manie bedeutet, dass sich die Betroffenen ununterbrochen euphorisch fühlen. Sie sind hyperaktiv, fangen ständig neue Unternehmungen an und suchen vermehrt den Kontakt zu anderen Menschen.
Das klingt doch eigentlich positiv und nicht nach einer psychischen Krankheit, oder? Weit gefehlt: Manische Patienten überschätzen sich oft selbst und werden geradezu größenwahnsinnig. Sie agieren dann leichtsinnig und nehmen beispielsweise für unüberlegte Einkäufe Schulden auf oder haben ungeschützten Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Sexualpartnern. Wenn man sich ihren waghalsigen Vorhaben in den Weg stellt, werden die Betroffenen schnell reizbar und aggressiv. Manche Patienten leiden sogar unter Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Die Ursache für die Krankheit ist vermutlich ein Zusammenspiel zwischen genetischen Faktoren und belastenden Lebensereignissen, die die depressiven oder manischen Phasen auslösen. Glücklicherweise können die Symptome mithilfe von Medikamenten allerdings gelindert werden.
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