Ein Fall, der vergangenen März im Fachjournal „New England Journal of Medicine“ publiziert wurde, schlägt erneut hohe Wellen: Ein aus den Vereinigten Staaten stammender 19-jähriger Mann verspeiste am Vorabend die Überreste einer Portion Reis, chinesischer Nudeln und Hähnchen, die sein Mitbewohner übriggelassen hat – 24 Stunden später befand er sich mit lebensgefährlichen Symptomen im Krankenhaus. Nach anfänglicher Ratlosigkeit seitens der Ärzteschaft, mussten dem Studenten schlussendlich beide Unterschenkel und Teile der Finger amputiert werden. Die scheinbare Ursache für den tragischen Krankheitsverlauf: eine fehlende Meningokokken-Impfung.
Wie es sich zugetragen hat
In einer Studenten-WG in den USA erlaubte sich ein junger Mann, der in einem mit dem Vorfall korrespondierenden YouTube-Video als „JC“ bezeichnet wird, die von seinem Mitbewohner übrig gelassenen Essensreste zu sich zu nehmen. Bereits kurze Zeit später musste er sich übergeben, stechende Kopfschmerzen ließen ihn in der Nacht kein Auge zu tun. Anfangs machten sich weder der Betroffene noch sein Mitbewohner allzu große Sorgen, da auch letzterer nach dem Abendessen erbrechen musste. Beide vermuteten eine Lebensmittelvergiftung als Auslöser hinter den Symptomen.
Bis zum nächsten Morgen verschlechterte sich JCs Krankheitszustand zusehends: hohes Fieber, rasender Puls und ein violett-dunkelroter Ausschlag gesellten sich zu den bereits vorherrschenden Beschwerden hinzu. Auf der Fahrt zum Krankenhaus verschlechterte sich seine Sehkraft und sein Nacken begann zu versteifen. Die Ärztinnen und Ärzte diagnostizierten überdies Kurzatmigkeit, einen zu schnellen Herzschlag und die Ausbreitung des Ausschlags am ganzen Körper. „Die außergewöhnlichsten Merkmale dieses Falls waren seine Blutgerinnungsstörungen sowie die Schnelligkeit, mit der sich die Krankheit verschlimmerte“, so Dr. Pavan K. Bendapudi, der behandelnde Arzt des jungen Patienten. „Auffallend war zudem sein junges Alter sowie das Fehlen typischer Risikofaktoren.“
Meningokokken-Infektion löst Skepsis aus
Aufgrund der rapide voranschreitenden Verschlechterung des Zustands des 19-Jährigen, kam es zur künstlichen Beatmung sowie zur Überstellung in ein besser ausgestattetes Krankenhaus per Helikopter. Erst dort konnte das Bakterium Neisseria meningitidis in seinem Blut detektiert werden, das eine Meningokokken-Infektion und in weiterer Folge eine lebensbedrohliche Sepsis (= Blutvergiftung) auslöste. Zu diesem Zeitpunkt versagten die Nieren des 19-Jährigen bereits, mehrere Körperteile wurden durch die Infektion gangränös und drohten abzusterben. Die Ärzteschaft sah keinen anderen Ausweg mehr und es folgte die Amputation beider Beine vom Knie abwärts sowie von Teilen aller zehn Finger. Es dauerte 26 Tage, bis der 19-Jährige wieder bei vollem Bewusstsein sein sollte.
Lange rätselten die Ärztinnen und Ärzte über den Grund für JCs schweren Krankheitsverlauf und dem vergleichsweise glimpflichen des Mitbewohners. Die Impf-Unterlagen des Patienten gaben schlussendlich Aufschluss: Der 19-Jährige war zwar gegen Meningokokken geimpft, die empfohlene zweite Dosis erhielt er jedoch, im Gegensatz zu seinem Mitbewohner, nie, weshalb ihm die Bakterien so gefährlich zusetzten und eine Sepsis induzieren konnten.
Blutvergiftungen sind die dritthäufigste Todesursache überhaupt in Deutschland und fordern jährlich fast ebenso viele Todesopfer wie Herzinfarkte. Septische Erkrankungen können als die häufigste Todesursache infolge einer Infektion kategorisiert werden. Meningokokken führen bei rund zehn Prozent aller PatientInnen zum Tode. Der Fall JC – ein abschreckendes Beispiel, welches die Signifikanz von Impfungen ein weiteres Mal verdeutlicht.
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