Stets das modernste Handy, den neuesten Fernseher und den leistungsstärksten Computer – der Elektromarkt floriert und regt immer mehr Menschen zum regelmäßigen Kauf an. Doch die Schattenseiten dieses Konsumverhaltens sind nur den wenigsten vollkommen bewusst. Ein alarmierender Bericht der WHO soll dies ändern und über die ernsten Konsequenzen aufklären.
Die Kehrseite der Elektrobranche
Aufgrund der sich ständig verkürzenden Produktlebenszyklen, sowie dem umfangreichen Angebot zahlreicher Elektrohändler, landen viele Elektrogüter wie Handys, Fernseher oder Computer nach dem Kauf bald wieder im Müll – mit weitreichenden Folgen: Die Menge an Elektroschrott steigt mittlerweile dreimal so schnell an wie die Weltbevölkerung. Der Großteil ausgedienter Elektroprodukte landet in Entwicklungsländern wie Ghana, Ägypten, Bangladesch oder Indien. Zahlreiche Menschen in diesen Ländern beteiligen sich an der gefährlichen Abfallverwertung, um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dabei setzen sie sich jedoch einem verheerenden Gesundheitsrisiko aus: Um an verwertbare Metalle wie Gold oder Kupfer zu gelangen, verbrennen, schmelzen oder verätzen die Arbeiter Materialien. Durch diese primitiven Verwertungsmethoden werden gefährliche Gifte wie Blei, Kadmium, Quecksilber und Chrom freigesetzt.
Darum sind besonders Kinder gefährdet
Da Kinder sich noch in der Entwicklungsphase befinden und viele körperliche Schutzfunktionen noch nicht vollständig ausgeprägt sind, sind sie durch die Schadstoffe gesundheitlich besonders gefährdet. Ein signifikanter Anteil der Kinder und Jugendlichen in den betroffenen Ländern beteiligt sich direkt am beschriebenen Verwertungsprozess. Dabei führen sie ohne jegliche Schutzvorrichtung die gefährlichen Recyclingverfahren durch. Hierbei setzen sie sich nicht nur einem erheblichen Verletzungsrisiko durch Verbrennungen, Schnittwunden oder Verstauchungen, sondern auch gesundheitsschädlichen Dämpfen aus. Aufgrund der erhöhten Atemfrequenz im Kindesalter werden sogar mehr Schadstoffe inhaliert als bei Erwachsenen.
Auch Kleinkinder und Säuglinge sind betroffen
Auch in ihrem Umfeld werden Kinder und Jugendliche nicht ausreichend vor den schädlichen Emissionen geschützt. Familienmitglieder, die in Elektromülldeponien arbeiten, bringen häufig Chemikalien über die Haut und Arbeitskleidung direkt mit nach Hause. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass Kinder im Verhältnis zu ihrer Körpergröße einen höheren Bedarf an Lebensmitteln und Wasser haben als Erwachsene. Diese essenziellen Versorgungsmittel sind jedoch oftmals mit schädlichen Chemikalien kontaminiert. Für Kleinkinder bestehen durch den Elektroschrott zusätzliche Risiken. Diese müssen das Aufrechtgehen erst erlernen und bewegen sich deswegen größtenteils am Boden fort, wo die Luftverschmutzungskonzentration am höchsten ist. In den ersten Lebensjahren nehmen Kinder während der oralen Phase auch viele Gegenstände in den Mund. Hierbei besteht bei mangelnder Beaufsichtigung die Gefahr, dass Kleinkinder vom Boden gefährliche Abfälle aufnehmen und verschlucken. Selbst beim Stillen können durch die Muttermilch schädliche Substanzen auf Säuglinge übertragen werden.
Permanente Gesundheitsbelastung durch Chemikalien
Die durchgehende Belastung durch chemische Schadstoffe begünstigt das Auftreten zahlreicher Erkrankungen. Elektroabfall enthält mehrere anerkannte Nervengifte, welche sich fatal auf die Entwicklung des Nervensystems und kognitive Funktionen auswirken. Verhaltens- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie eine beeinträchtigte Lernfähigkeit können die Folge sein. Regelmäßiger Kontakt mit Kadmium kann das angeborene und adaptive Immunsystem von Kindern chronisch beeinträchtigen. Der Umgang mit Blei, Kupfer und Zink schwächt zusätzlich die Antikörper und erhöht das Infektionsrisiko. Aufgrund der engeren Atemwege kann schon eine niedrige Schadstoffbelastung der Lungenfunktion von Kindern erheblichen Schaden zufügen. Dadurch erhöht sich das Risiko, an Atemwegserkrankungen wie Asthma oder Pneumonie zu erkranken. Viele der gesundheitlichen Schäden zeigen sich allerdings dann erst im Erwachsenenalter, beispielsweise in Form von Krebs, Diabetes oder Osteoporose.
Was kann ich tun?
Um die durch Elektroschrott erzeugten gesundheitlichen Probleme in Entwicklungsländern zu bewältigen, ist es notwendig, das eigene Konsum- und Recyclingverhalten kritisch zu hinterfragen. Jeder Einzelne kann schon mit alltäglichen Entscheidungen seinen Teil zur Änderung dieser Problematik beitragen. Damit die Menge an Abfall reduziert wird, empfiehlt es sich, Geräte möglichst lange zu verwenden und beim Neukauf auf Gebrauchtware zurückzugreifen. Bevor man Elektroware wegwirft, sollte man sich überlegen, ob diese nicht doch eventuell noch repariert werden könnte. Falls sie allerdings wirklich unbrauchbar geworden ist, ist nachhaltiges Recycling essenziell. Anstatt Elektroschrott also unbedacht im Hausmüll zu entsorgen, diesen lieber beim Elektrohändler abgeben oder auf dafür vorgesehene Recyclingbehälter zurückzugreifen. Nur durch einen nachhaltigen Umgang mit Elektro-Artikeln kann es gelingen, gegen die vorherrschenden Missstände in Entwicklungsländern vorzugehen.
Was meinen Sie?