Übergewichtige Menschen erkranken schwerer an Covid-19 als normalgewichtige. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber sicher ist, dass erhöhtes Körperfett einen Risikofaktor darstellt. Dabei gilt jedoch auch: Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht. Was genau passiert also mit SARS-CoV-2 in Körpern mit hohem Fettanteil?
Wer ist übergewichtig?
Das Risiko für einen schweren Verlauf nach einer Corona-Infektion ist für Übergewichtige höher, dies haben Studien mittlerweile gezeigt. Wer als übergewichtig gilt, ist dabei vom Body Mass Index (BMI) abhängig. Dieser wird folgendermaßen berechnet: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße in Meter zum Quadrat. Ein BMI zwischen 18,5 und 24,9 ist laut WHO normalgewichtig. Ab 25 kg/m² gilt man als übergewichtig, ab 30 kg/m² spricht man von Adipositas (Fettleibigkeit). Diese wird unterteilt in Grad 1 (30 kg/m²), Grad 2 (35 kg/m²) und Grad 3 (40 kg/m²).
Körperfett bedingt den schweren Verlauf
Eine US-amerikanische Studie untersuchte den Verlauf einer Covid-19-Erkrankung an mehreren Tausend Patienten. Sie zeigte, dass das Risiko, auf der Intensivstation behandelt werden zu müssen, bereits bei einem BMI von 30 doppelt so hoch war als bei einem BMI darunter. Bei Adipositas Grad 2 stieg das Risiko sogar um das 3,6-Fache. Ebenso ist das Risiko deutlich erhöht, eine künstliche Beatmung zu benötigen. Laut Experten gibt es dafür einige Erklärungsansätze.
Erstens weiß man, dass Fettzellen in der Lage sind, entzündungsfördernde Hormone oder ähnliche Substanzen zu bilden. Zweitens sammeln sich bestimmte Immunzellen, die Makrophagen, auch im Fettgewebe an. Diese setzen im Falle eines „Angriffs“, etwa durch SARS-CoV-2, Entzündungsbotenstoffe frei. Grundsätzlich ist das zunächst auch sinnvoll. Bei einer Überreaktion greift die Aktivität der Immunzellen jedoch auch gesunde Zellen und Organe an – es kommt zu einem schweren Verlauf.
Wenig Luft zum Atmen
Weiters nimmt übermäßiges Fett den Lungen sprichwörtlich den Raum zum Atmen. Das Fettgewebe drückt das Zwerchfell nach oben und reduziert dadurch das Lungenvolumen. Mit verengten Atemwegen atmet es sich natürlich schwerer. Zudem ist die Lunge von übergewichtigen Personen ohnehin schon im Alltag stark gefordert; kommt noch eine SARS-CoV-2-Infektion hinzu, ist das höhere Risiko für die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung naheliegend.
Birne oder Apfel: Die Körperform ist relevant
Pauschal zu sagen, Übergewichtige erkranken in jedem Fall schwer an Covid-19, ist aber genau wie bei den anderen Risikogruppen zu kurz gegriffen. Je nachdem, wo sich Körperfett ansetzt, gibt es nämlich Unterschiede. Der „Bierbauch“ bzw. Fett im Bauchbereich gehen allgemein mit einem höheren Stoffwechselrisiko einher. Fettanlagerungen im Hüftbereich können hingegen sogar vor Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen und sich womöglich auch bei Covid-19 anders auswirken als Bauchfett. Daher wäre es sinnvoll, für eine Risikoeinschätzung anstatt des BMI den Taillenumfang zu bestimmen.
Fettgewebe begünstigt Entzündungen
Bei Infektionen mit Influenza konnte bereits gezeigt werden, dass das Immunsystem von Übergewichtigen nicht immer angemessen reagieren kann, da das Fettgewebe tendenziell vermehrt Entzündungsstoffe ausschüttet. Im Falle von Covid-19 wird so die Entstehung des sogenannten Zytokinsturms begünstigt, was in den meisten Fällen den schweren Verlauf verschuldet. Auch Blutgerinnsel als häufiges Problem bei Covid-19 entstehen bei Übergewichtigen aufgrund von Fetthormonen und erhöhten Blutfettwerten eher. Außerdem vermuten Wissenschaftler, dass das Fettgewebe es dem Virus leichter macht, in die Körperzellen einzudringen: Den sogenannten ACE2-Rezeptor – das Eintrittstor des Virus – findet man nämlich nicht nur in Lungengewebe und Nieren, sondern auch in Fettzellen.
Angesichts der Tatsache, dass bis zu zwei Drittel der Erwachsenen in Industriestaaten übergewichtig oder fettleibig sind, stellt sich einmal mehr die Frage nach Maßnahmen zur Umkehr dieser Tendenz.
Mit diesem Video verstehen Sie besser, was Fettleibigkeit ist und was Sie dagegen tun können:
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