Der Sprachraum, in den wir hineingeboren werden, prägt unser Sprachzentrum bereits pränatal, also noch bevor wir geboren werden. Das ist das Ergebnis mehrerer Studien, die Forscher an Säuglingen unterschiedlicher Herkunft durchgeführt haben.
Ab wann können Babys hören?
Bereits im letzten Drittel der Schwangerschaft ist das menschliche Hörorgan voll ausgereift und funktionsfähig, Geräusche aus dem Organismus der Mutter und der Umwelt werden vom Fötus auditiv wahrgenommen. Wirkliche Reife erlangt das Hörogran allerdings erst im Teenager-Alter, da die Hörbahn erst dann vollständig ausgebildet ist. Die akustischen Reize der Außenwelt, die den Fötus intrauterin, also im Mutterleib, erreichen, werden gedämpft durch den konstanten Geräuschpegel aus dem Organismus der Mutter. Die mütterliche Stimme aber hört das Baby nicht gedämpft, sondern verstärkt. Das begründet sich in der mütterlichen Anatomie und ist unter Forschern allgemein bekannt. Dass die melodisch – rythmischen Eigenschaften der Muttersprache aber bereits Einfluss auf die Sprachkenntnis des ungeborenen Kindes haben, ist eine relativ neue Erkenntnis.
Der Schnuller als Indikator für Neugier
Zu Studienzwecken wurden unter anderem die Reaktionen von Säuglingen auf Sprache gemessen, indem man die Saugrate an Schnullern beobachtete und analysierte, die die Säuglinge während der Tests im Mund trugen. Eine hohe Saugrate werteten die Forscher hierbei als Neugier, eine geringe als Gleichgültigkeit. Wurden die Säuglinge mit der Sprache, die ihre Mutter während der Schwangerschaft gesprochen hatte, beschallt, saugten sie intensiver an ihren Schnullern, als wenn ihnen eine fremde Sprache vorgespielt wurde. Auch auf Sprachen, deren Melodie der Muttersprache der Babys ähnelten, reagierten sie stärker als auf unbekannte. So schnullerten französische Babys schneller, wurden sie mit dem phonetisch ähnlichen Polnisch beschallt. Deutsch hingegen ließ sie völlig kalt, die Saugrate sank eklatant.
Die Schreimelodie im Fokus der Forschung
Andere Studien mit Bezug auf den vorgeburtlichen Spracherwerb untersuchten die Schreimelodie von Babys, die entweder monolinguale, also einsprachige, oder bilinguale, zweisprachige Mütter hatten. Die Schreimelodien der Säuglinge wurden aufgenommen und analysiert. Diese Analysen ergaben Unterschiede in den Schreimelodien. Daraus kann geschlossen werden, dass der Spracherwerb schon vor der Geburt einsetzt.
Ist Sprachförderung bereits im Bauch möglich?
Ob es möglich ist, das spätere Sprachvermögen eines Kindes bereits pränatal zu fördern, kann bisher nicht eindeutig beantwortet werden. Diese Frage rückte erst in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Wissenschaft und es liegen noch zu wenig Ergebnisse vor, um eine fundierte Antwort formulieren zu können. Bekannt ist aber, dass ungeborene Babys auf Musik reagieren. Unbekannt ist bisher, ob sich Musik, Gedichte oder andere akustische Reize positiv auf die Sprachfähigkeit auswirken. Dass es Babys aber schon im Bauch gut tut, angesprochen zu werden, ist ausreichend belegt.
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