Eine gesunde Darmflora ist ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Gesundheit – darüber sind sich Wissenschaftler in den letzten Jahren immer einiger geworden. Denn die in unserem Verdauungstrakt vorkommenden Bakterien haben erheblichen Einfluss auf zahlreiche Prozesse im Körper, die sogar das Immunsystem betreffen. Laut einer aktuellen Studie aus Belgien soll ein spezielles neu entdecktes Bakterium sogar vor Fettleibigkeit und verschiedenen Stoffwechselerkrankungen schützen. Damit wächst die Hoffnung auf neue Therapiemöglichkeiten von Volkskrankheiten wie Übergewicht und Adipositas.
100 Billionen gute Freunde
Der Darm: Unendliche Weiten…zumindest fast. Unglaubliche sieben Meter misst dieser insgesamt in seiner Länge und beheimatet 100 Billionen Bakterien, die unsere Gesundheit gewährleisten. Schätzungen gehen dabei von ungefähr 1.500 verschiedenen Arten von Mikroorganismen aus, die sich wie ein dichter Rasen über die Schleimhäute des Dünn- und Dickdarms verteilen. In der Fachwelt wird die Darmflora mittlerweile als intestinale Mikrobiota bezeichnet. Diese ist die erste von drei Schutzebenen im Darm, die eng mit dem Darm-assoziierten Immunsystem verknüpft ist. Die dort ansässigen Mikroorganismen trainieren unser Immunsystem und halten es fit. Neu hinzu kommt nun ein weiteres Bakterium namens Dysosmobacter welbionis J115T, welches wichtige Funktionen des Stoffwechsels steuert.
Übergewicht schadet dem Darm
Alles begann damit, dass die Forscherin Patrice Cani mit ihrem Team an der Universität von Louvain ein bestimmtes Bakterium bei Personen mit Adipositas und Diabetes nicht oder nur in geringer Konzentration vorfand. Die Forschenden suchten daraufhin im Rahmen einer genaueren Studie bei insgesamt 11.984 Personen nach dem Bakterium Dysosmobacter welbionis J115T und wiesen den neu identifizierten Mikroorganismus bei fast 70 Prozent der gesunden Teilnehmenden nach. Besonders auffallend sei zudem gewesen, dass fettleibige Menschen mit metabolischem Syndrom die Häufigkeit des Bakteriums „negativ mit dem Body-Mass-Index, Nüchternblutzucker und glykiertem Hämoglobin korrelierte“, bestätigen die Forschenden. Das zeige weiters den negativen Einfluss von Adipositas und Übergewicht auf den menschlichen Organismus.
Positive Wirkung des Bakteriums bestätigt sich
Diese Schutzwirkung überprüften die Forschenden sodann in weiteren Versuchen an Mäusen, um ihre These weiter stützen zu können. Bei den Tieren habe die Verabreichung von lebendem Dysosmobacter welbionis J115T (in einer nicht pasteurisierten Form) „teilweise der diät-induzierten Entwicklung von Fettleibigkeit, der Zunahme der Fettmasse, der Insulinresistenz und der Hypertrophie und der Entzündung des weißen Fettgewebes entgegengewirkt“, fasst das Forschungsteam zusammen. An anderen Körperstellen konnten weitere positive Wirkungen beobachtet werden, die eine antientzündliche Wirkung und Vorbeugung gegen Krebs nahelegen.
Neue Möglichkeiten für Therapien
Diese neuen Erkenntnisse könnten für neue Therapiemöglichkeiten genutzt werden: „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass D. welbionis J115T den Stoffwechsel des Wirts direkt und günstig beeinflusst und ein potenzieller Kandidat für die Entwicklung von nützlichen Bakterien der nächsten Generation ist, die auf Adipositas und damit verbundene Stoffwechselerkrankungen abzielen“, berichten auch die Wissenschaftler. Eine mögliche therapeutische Verabreichung der lebenden Darmbakterien gegen Fettleibigkeit und entsprechende Stoffwechselerkrankungen beim Menschen wird nun Gegenstand zukünftiger Studien sein – bis es zu neuen Therapien kommt, könnten leider jedoch noch etliche Jahre vergehen.
Was meinen Sie?