Wir kennen sie alle- Geschichten von Ehepaaren, in denen der Mann schwer an Covid-19 erkrankt und um sein Leben ringt, während die Frau an seiner Seite keine Symptome zeigt oder erst gar nicht erkrankt ist. Und selbst bei milderen Verläufen wurden bereits sieben verschiedene Symptomkomplexe beobachtet. Schilderungen dieser Art werfen bereits das ganze Jahr 2020 über Fragen auf. Auch Wissenschaftler haben sich mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt: Weshalb erkranken manche Menschen schwer an Covid-19, während andere das Virus im Körper gar nicht spüren? Nachdem bereits herausgefunden wurde, dass Männer in der Regel schwerer an Corona erkranken als Frauen, entdeckte das Team um Studienleiter Kenneth Baillie von der University of Edingburgh nun Neues auf dem Gebiet.
Gene bestimmen den Verlauf
Forschern zufolge sollen Menschen, die Träger bestimmter Gene sind, ein höheres Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf haben. Diese Genvarianten beeinflussen die Immunabwehr und fördern im Körper Entzündungsreaktionen, die wiederrum für die Schwere des Verlaufs entscheidend sind.
Details zur Studie
Das Forschungsteam aus England untersuchte im Rahmen der Studie die DNA von 2.244 Covid-19-Patienten mit schwerem Verlauf aus insgesamt 208 Intensivstationen. Ein Abgleich der DNA mit Erbgut-Daten aus der breiten Bevölkerung zeigte, dass vor allem fünf Gene bei Schwersterkrankten vorkamen: IFNAR2, OAS1, TYK2, DPP9 und CCR2. Diese Erkenntnis betreffe sowohl die Schwere der Lungenschäden, als auch das Risiko für einen Cytokinsturm.
Immunabwehr mit IFNAR2 und OAS1
IFNAR2 und OAS1 sind mit einer angeborenen Immunabwehr verknüpft. Sie spielen eine erhebliche Rolle bei der Ausschüttung von Interferonen. „Sie stimulieren die Freisetzung vieler essentieller Komponenten der frühen Wirtsabwehr gegen die virale Infektion“, erklärt das Forschungsteam. Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen seien oft Träger einer Variante dieses Gens, welche die soeben beschriebene Wirkung verringert.
Entzündungsprozesse durch TYK2, DPP9 und CCR
Die Gene TYK2, DPP9 und CCR2 treten vorwiegend im Zusammenhang mit schweren Entzündungsprozessen im Körper auf. Sie etablieren sich unter anderem in Form von rheumatoider Arthritis. Ebendiese Erkenntnis stellte zuvor bereits die Frage auf, ob Medikamente, welche zur Therapie gegen diese Erkrankung eingesetzt werden, auch gegen Corona wirken könnten. So plädieren Forscher darauf, den Januskinase-Hemmer Baricitinib aus der Rheumatherapie künftig in der Behandlung von Covid-19-Patienten einzusetzen.
Neue Möglichkeiten für die Covid-19-Therapie
Das Gute an dieser jüngsten Erkenntnis ist, dass sie neue Möglichkeiten für die Behandlung schwerkranker Covid-19-Patienten, aber auch für die rechtzeitige Erkennung besonders gefährdeter Menschen bietet. Mindestens eine der neu identifizierten Genvarianten möglicherweise häufiger bei Menschen afrikanischer Herkunft vor. Sollte sich das bestätigen, würde es erklären, weshalb diese Minderheiten in der amerikanischen und britischen Bevölkerung für schwere Covid-19-Verläufe besonders gefährdet sind.
Was meinen Sie?