Eine aktuelle Studie verweist auf den Anti-Stress-Effekt von Probiotika. Diese werden zwar bereits seit einiger Zeit mit vielen gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht, ein positiver Effekt auf die Stressverarbeitung ist jedoch neu.
Multitalent Probiotikum
Probiotika können in vielerlei Hinsicht unterstützend wirken: Sie fördern die Verdauung, lindern Bluthochdruck und vieles mehr. Nun stellten Wissenschaftler des Universitätsklinikums Tübingen fest, dass das Probiotikum Bifidobacterium longum (B. longum 1714TM) auch einen positiven Effekt auf die Stressresistenz hat. Damit wurden die Resultate älterer tierexperimenteller Untersuchungen bestätigt. Die Studienergebnisse sind im Fachmagazin „The American Jorunal of Gastroenterology“ erschienen. Im Rahmen früherer Untersuchungen gab es bereits Anzeichen, dass Probiotika bei gesunden Menschen die Stressverarbeitung verbessern und die Stressbelastung erleichtern können.
Rund um Probiotika
Bei Probiotika handelt es sich um lebende Bakterien, denen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. Die Bakterien siedeln sich im Darm an und unterstützen dort zusammen mit den bereits vorhandenen Bakterien verdauungsförderliche Maßnahmen. Zudem produzieren sie Vitamine. Es gibt diverse Probiotika, welche unterschiedliche Effekte erzielen. Diese sind jedoch in vielen Fällen noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt.
Studiendetails
In der kürzlich durchgeführten Studie nahmen die Forscher um die Tübinger Professoren Paul Enck und Christoph Braun das Probiotikum B. longum 1714TM unter die Lupe. Dieses wurde von der Firma Alimentary Health Ltd. aus Irland entwickelt und zur Verfügung gestellt. Für eine Dauer von vier Wochen wurde insgesamt 40 gesunden Menschen im Rahmen eines Doppelblind-Versuchs jeden Tag entweder das Probiotikum oder ein Placebo verabreicht. Die Stressverarbeitung der Probanden wurde vor und nach den vier Wochen untersucht, indem die Teilnehmer einem sozialen Stressor ausgesetzt waren: Durch ein virtuelles Ballspiel am Computer mussten sie sich mit zwei Gegenspielern abwechselnd einen Ball zuwerfen.
Während des Spiels wurde die Stressbelastung durch den Ausschluss aus der Gruppe erhöht, sodass ein Gefühl der Isolation entstand, welches sich in diesem Fall wie alltäglicher Stress äußerte. Eine zeitgleiche Analyse der Gehirnaktivität im Magnetenzephalographen (MEG) ermöglichte einen direkten Vergleich zwischen der Probiotikum- und der Placebo-Gruppe.
Mehr Energie, weniger mentale Erschöpfung
Die Evaluation der Ergebnisse verdeutlichte, dass das Probiotikum Veränderungen in den mit der Stressbewältigung in Zusammenhang stehenden Hirnregionen hervorrufen kann. Im Vergleich mit der Placebo-Gruppe wies die Probiotikum-Gruppe sowohl vor dem Spiel als auch unter dem Druck des Stressors eine höhere Vitalität und eine geringere mentale Ermüdung auf. Dies deutet auf eine verbesserte Anpassung an Stresssituationen, sowie Gegenregulation bei negativen Emotionen hin.
Damit zeigt die aktuelle Studie erstmalig, dass ein Probiotikum einen positiven Effekt auf den Umgang mit sozialem Stress haben kann, da es die Stressbewältigung fördert, indem es die zentrale Verarbeitung von entsprechenden Reizen beeinflusst. Diese Erkenntnis gilt jedoch ausschließlich für das spezielle genannte Probiotikum. Da ältere Untersuchungen auf diesem Gebiet meist auf subjektiven Auffassungen oder psychologischen Tests basierten, stellt die neue Studie mit ihrer objektiven Bewertungsgrundlage einen wissenschaftlichen Meilenstein dar.
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